Die Eckpunkte

St. Gallen ist eine Reise wert, in jeder Hinsicht, auch wegen der Mobilfunkversorgung. Denn die Stadtverwaltung ging eigene Wege. Wie in allen Städten kommen die Übertragungsnetze aufgrund der starken Nutzung von datenintensiven Diensten an ihre Leistungsgrenze – wegen des explodierenden Datentransports, aber auch die Einhaltung der Grenzwerte ist in der Schweiz nicht mehr gewährleistet. Um die Infrastruktur der konventionellen Technologie von Makrozellen (herkömmliche Mobilfunkmasten) weiter ausbauen zu können, versuchen die Schweizer Mobilfunknetzbetreiber und ihre Verbände auf politischer Ebene seit geraumer Zeit, die schweizerischen Vorsorge-Grenzwerte für nichtionisierende Strahlung erhöhen zu lassen, um damit die vorhandenen Makrozellenstandorte weiter aufrüsten zu können.

Die Stadtverwaltung von St. Gallen,  insbesondere der Leiter des Amtes für Umwelt und Energie (AUE), Harry Künzle, wollten bei einer solchen Erhöhung nicht mitziehen. Aus Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung wurde eine Vision entwickelt: St. Galler-Wireless. Mehr Daten mit weniger Strahlung - das sollte als Pilotprojekt in der Innenstadt verwirklicht werden. Das Projekt wurde entworfen, Stadtparlament und Stadtrat überzeugt, in einer Volksabstimmung genehmigt. Heftiger Widerstand kam von den Mobilfunkbetreibern, die das Projekt als technisch nicht machbar bezeichneten. Doch die Vision wurde in ersten Teilen erfolgreich umgesetzt.

Am 5. Dezember 2014 folgte eine Delegation aus Stuttgart (ein Landtagsabgeordneter und eine Gemeinderätin der Grünen, der Geschäftsführer der Grünen Gemeinderatsfraktion, BUND - und Diagnose-Funk Vorstände) und Vertreter der Initiative Bodensee Mobilfunk der Einladung der St. Galler Stadtverwaltung, die das Projekt vorstellte.

v.l.n.r. Harry Künzle, Leiter des Amtes für Umwelt und Energie St. Gallen, Clarissa Seitz (Stadträtin Grüne Stuttgart, BUND Vorsitzende KV Stuttgart), Thomas Marwein (MdL Grüne BW), Dr. Stefan Zbornik (Initiative Bodensee Mobilfunk) Bild: Präsentation in St. Gallen - diagnose:funk

Zu Besuch in St. Gallen.
Rechts Gastgeber Harry Künzle, Leiter des Amtes für Umwelt und Energie, v.r.n.l.: Clarissa Seitz (Stadträtin Grüne Stuttgart, BUND Vorsitzende KV Stuttgart), Thomas Marwein (MdL Grüne Baden-Württemberg), Dr. Stefan Zbornik (Initiative Bodensee Mobilfunk).

Kleinstzellenversorgung  in der Innenstadt von St.Gallen
Die Strahlung von Femtozellen mit einer effektiven Sendeleistung von 0,1 W beträgt rechnerisch in einem Abstand von 10 m weniger als 80 µW/m². Bei einem Abstand von 20 m sind es maximal 20 µW/m² und hinter einer Hauswand liegt die Einstrahlung dann bereits bei weniger als 1 µW/m².

Die Eckpunkte

„Pilotinstallation Wireless St.Gallen als erster Schritt in Richtung eines strahlungsarmen Mobilfunks in der Stadt“ heißt das 2014 in den Normalbetrieb übergegangene Projekt. Es wurde bereits 2011 auf den Weg gebracht. Seit 2012 steht im Innenstadtbereich ein alternatives Mobilfunkangebot zur Verfügung.St. Galler-Wireless erfüllt vier wichtige Forderungen zur Schaffung eines leistungsfähigen und strahlungsarmen Funknetzes:

  • Die Indoor- und Outdoor-Versorgung wird voneinander getrennt. Die Netzplanung endet an der Hauswand.
  • Router/Access-Points werden gegenüber den Gebäuden abgeschirmt und so montiert, dass die Einstrahlung in Gebäude vermieden bzw. minimiert wird.
  • Es gibt nur ein Netz für alle Nutzer.
  • Die Funkstrecke wird so kurz wie möglich gehalten.

In der Praxis ist das Projekt ein Erfolg. Der SmartPhone und Tablet Nutzer kann kostenlos über das städtische WLAN-Netz kommunizieren, das aus Kleinstzellen besteht und wird dann intern auf seinen jeweiligen Provider umgelenkt.

Allen Unkenrufen zum Trotz, hat die Stadt St.Gallen damit gezeigt, dass ein Kleinzellennetz in verdichteten Siedlungsgebieten eine praktikable Alternative  zu Makro- und Mikro-Zellen-Sendern sein kann, welche sehr viel höhere Emissionen haben und damit insbesondere in direkten Umfeld der Anlagen i.d.R. zu extrem hohen Immissionen führen. 

Verbesserungen nötig

Bei der Wahl der benutzten Technik muss dafür gesorgt werden, dass nicht der besonders aggressive WLAN-Standard mit der Frequenz 2,4 GHz und den leistungsstarken Standby-Impulsen im 10 Hz Takt zum Einsatz kommt. Zudem muss die eingesetzte Technik an beiden Enden hochgradig leistungsgeregelt sein und bei Nichtnutzung sollten keine relevanten Emissionen von Geräten und Routern ausgehen.

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