In München brummt was

Betroffene gründen Initiative - Stadt ratlos
Ein unerklärliches Brummen macht etlichen Bürgern in München zu schaffen. Rund 40 Fälle aus unterschiedlichen Stadtteilen sind bekannt.

In München brummt was
Bürger klagen über ein unerklärliches Geräusch - Rund 40 Fälle
VON SVEN RIEBER

Die Betroffenen beschreiben ein dumpfes Wummern, ähnlich einem unruhig laufenden Motor oder Generator. Das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) bestätigt, dass Schwingungen feststellbar sind. Die Ursache dafür ist indes völlig unbekannt.

Heizung, Strom oder Lüftung schließen die Betroffenen als Lärmquelle aus. "Diese Möglichkeiten haben wir alle schon überprüft", sagt Stephan Sainer, einer der Betroffenen aus Trudering. In ganzen Wohnblocks habe man zum Test den Strom abgeschaltet, teils sogar auch in Nachbargebäuden - das Brummen blieb.

Privat veranlasste Schall-Messungen bestätigen laut Sainer das Phänomen:
Das Brummen ist ein Geräuschmix aus Frequenzen um die 50 Herz und darunter. "Die Wahrnehmungsfähigkeit dieses Brummens ist bei Menschen sehr unterschiedlich", sagt er. Manche Besucher bei ihm registrieren es, manche nicht. "Wiederum hören ich und die anderen Betroffene an anderen Orten kein Brummen", erklärt Sainer, weshalb ein Gehör- oder Nervenleiden auszuschließen sei. Die Betroffenen erklären, dass die Schwingungen körperlich zu spüren seien und klagen über Schlafstörungen, Entkräftung, Hitzewallungen oder Schwächung des Immunsystems .

Betroffene gründen Initiative - Stadt ratlos

Bei der Stadt steht man dem Problem ratlos gegenüber. "Die Empfindungen sind in jedem Fall ernst zu nehmen", sagt RGU-Sprecher Henrik Jörgens. Sofern Ursachen ausgemacht werden könnten, würde das Bundesimmissionsschutzgesetz greifen, erklärt Jörgens, und es könnten Abwehrmaßnahmen ergriffen werden. Doch es seien keine Ursachen feststellbar.

Für die betroffenen Münchner ist dies wenig zufriedenstellend. Sie haben sich nun zu der Initiative "Brummfreies München" zusammengeschlossen. Seit gestern ist deren Internet-Seite freigeschaltet, über die sie ihr Problem publik machen, gleichgesinnte Lärm-Opfer suchen und sich für weitere Schritte organisieren wollen (siehe unten).

Für die weiteren Nachforschungen könnte es ein Hinweis sein, dass das Brummen seit gut zwei Jahren vermehrt aufgetreten ist. Vergleicht man die Aussagen einzelner Geschädigter, beschreiben sie oft identische Beobachtungen: Demnach brummt es gleichermaßen im Sommer wie im Winter. Tagsüber sei der Ton oft schwieriger von Nebengeräuschen zu unterscheiden, besonders laut wird es spät nachts und in den Morgenstunden empfunden. An manchen Tagen ist es offenbar schwächer, in Einzelfällen dafür sogar im Freien hörbar.

Sehr ähnlich ist das Münchner Brummen damit dem so genannten Hum-Nuisance-Phänomen, von dem erstmals 1989 aus der Stadt Taos (New Mexico) berichtet wurde und seitdem in zahlreichen Ländern dokumentiert wurde. Dabei geht man aktuell jedoch davon aus, dass es sich bei diesem wahrgenommenen Brummton um keinen akustischen, hörbaren Ton von Außen handelt, dieser aber womöglich von außen im Körper angeregt wird, zum Beispiel durch elektromagnetische Schwingungen. Die Münchner Fälle unterscheiden sich jedoch dadurch, dass bei den Messungen ein akustischer Schall festgestellt worden sei.

(Anm. der Redaktion: Die Initiative ist mittlerweile aufgelöst worden, nachdem sie sich vergeblich um die Unterstützung von Behörden bemüht hatte, um die Ursache zu finden)

Artikel veröffentlicht:
04.02.2006
Quelle:
Münchner Merkur, Aktualisierung 16.05.2011

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