Handys und Krebsgefahr: Vorsorgeprinzip anwenden

Europ. Umweltagentur mahnt zur Vorsorgepolitik
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte im Mai 2011 ihre Einschätzung, die nichtionisierende Strahlung von Handys und anderer Mobilfunkanwendungen sei möglicherweise krebserregend. Dadurch wurde weltweit eine heftige Debatte ausgelöst. Die Europäische Umweltagentur (EUA) nimmt nun dazu Stellung. In ihrer Erklärung vom 12.10.2011 wendet sie sich vor allem an die Entscheidungsträger in der Politik. Sie fordert sie auf, das Vorsorgeprinzip anzuwenden.

Diagnose-Funk hat die Stellungnahme übersetzt - auch abrufbar als PDF, siehe Downloads:

Das Papier der EUA ist geprägt von der Beobachtung, dass die Industrie zunehmend versucht, die WHO – Entscheidung zu verwässern oder rückgängig zu machen. Diese Entwicklung beobachtet auch Diagnose-Funk. In den letzten 3 Monaten erschienen Gefälligkeitsgutachten, deren Botschaft „Handys sind ungefährlich!“ durch die PR-Arbeit der Mobilfunkindustrie in der gesamten Weltpresse Eingang fand. Forschungsergebnisse, die auf die Gesundheitsschädlichkeit hinweisen, finden dagegen keine mediale Beachtung.

David Gee, Senior Chef der EUA für Wissenschaft, Politik und Risikoabschätzung, erklärt zur Krebsgefahr durch Handys: „Obwohl unser Wissen darüber bislang noch unvollständig ist, bedeutete dies im umgekehrten Falle jedoch nicht, dass sich die politisch Verantwortlichen davon abhalten lassen dürfen, hierfür geeignete Präventionsmaßnahmen zu ergreifen.“

Peter Hensinger, Pressesprecher der Umwelt- und Verbraucherorganisation Diagnose-Funk, teilt die Ansichten der EUA: „In fast einstimmigen Beschlüssen haben sowohl das Europaparlament als auch der Europarat diese Vorsorgepolitik angemahnt. Daher fordern wir die Politiker der EU-Mitgliedsstaaten und die Presse auf, die Warnungen der EUA ernst zu nehmen und sich nicht dem Druck der Mobilfunklobby zu beugen, sondern sich für die Gesundheit der Bevölkerung, besonders der Kinder und Jugendlichen einzusetzen.“

Die EUA weist darauf hin, dass Erkenntnislücken nicht zur Begründung der Ungefährlichkeit der Mobilfunkstrahlung genutzt werden dürfen. Es braucht mehrere Jahre bis Jahrzehnte von der Entstehung bis zur Diagnose von Gehirntumoren. Mobiltelefone sind erst seit wenigen Jahren im massenhaften Einsatz. So wurden die Beweise, die eine Beziehung zwischen dem Rauchen oder Asbest und Lungenkrebs herstellen, erst Jahrzehnte später erbracht.

Die EUA wiederholt ihre Warnungen, indem sie auf wissenschaftlich fundierte Forschungen zur Gefährdung durch Mobiltelefone hinweist. Auf der anderen Seite erklärt sie, dass Erkenntnislücken nicht zur Begründung der Ungefährlichkeit der Mobilfunkstrahlung genutzt werden dürfen, gerade angesichts der schweren und irreversiblen Wirkungsweise jeglicher Krebsformen.

Milliarden Menschen sind dieser Strahlungsart ausgesetzt, besonders gefährdete Gruppen sind Kinder und Jugendliche. Daher fordert die EUA die Aufklärung der Bevölkerung und Verbraucherschutzmaßnahmen. Den Handynutzern und insbesondere Kindern und Jugendlichen sollte empfohlen werden, ihre Handys nicht unmittelbar an den Kopf zu halten: SMS oder Freisprechanlagen/ Headsets verringern die Strahlenbelastung um das Zehnfache.

Die Regierungen sollten im Einklang mit der Entscheidung der WHO veranlassen, dass durch spezielle Aufkleber auf die Geräte die Nutzung von Mobiltelefonen als "möglicherweise krebserregend" gekennzeichnet wird, so die EUA. Darüber hinaus wäre ein deutliches Mehr an unabhängiger Forschung erforderlich. Die Kosten dieser Maßnahmen seien relativ gering, im Gegensatz zu den hierbei entstehenden möglichen Kosten als Preis der Untätigkeit, die um ein Vielfaches höher liegen könnten.

Europäische Umweltagentur (EUA):

Die EUA ist eine Einrichtung der Europäischen Union mit Sitz in Kopenhagen. Sie hat 210 Mitarbeiter. Ihre Aufgabe besteht darin, zuverlässige und unabhängige Informationen über die Umwelt zur Verfügung zu stellen. Sie ist eine wichtige Informationsquelle für all jene, die mit der Entwicklung, Festlegung, Umsetzung und Bewertung der Umweltpolitik befasst sind, sowie für die allgemeine Öffentlichkeit. Die EUA hat gegenwärtig 32 Mitgliedsländer. Zum Thema Mobilfunk nimmt die EUA immer wieder kritisch Stellung, u.a. mit zwei Frühwarnungen zur Krebsgefahr und dem Appell, kritische Wissenschaftler nicht zu unterdrücken. Ihr Mitarbeiter David Gee ist Mitautor des Bioinitiative Reports.

Artikel veröffentlicht:
26.10.2011
Quelle:
Europäische Umweltagentur

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