Starke Strahlung direkt unterhalb der Antenne

Kein Schutz für Immobilieneigentümer
München, 3. Dezember 2004 – Schlechte Nachricht für Immobilienbesitzer, die auf dem Dach ihres Hauses eine Mobilfunk-Antenne installieren ließen: Auch in Gebäuden direkt unter den Sendeanlagen können überraschend hohe Strahlungs-Immissionen auftreten.

Die Ausbreitung von Mobilfunk-Strahlung verläuft chaotischer als bisher angenommen. Dies ist eines der Ergebnisse einer seriösen Studie, die das Computermagazin CHIP in der Januar-Ausgabe im Jahr 2005 zitiert.

Die 117 Seiten starke Analyse der Immissionsverteilung wurde von der in Kamp-Linfort ansässigen IMST GmbH im Auftrag des Bundesamts für Strahlenschutz erstellt. Die Studie zielte darauf ab, typische Feldverteilungen praxisnah zu ermitteln. Die Autoren, Dr. Christian Bornkessel und Markus Schubert, kommen zu dem Schluss: „Als Ergebnis wurde festgestellt, dass die Immissionen im direkten Umfeld von Mobilfunk-Basisstationen einer großen Streubreite unterliegen.“ So unterschieden sich manche Messergebnisse in Gebäuden binnen weniger Meter um den Faktor 1.000. Wie es weiter heißt, sind viele, bisher als „klassisch“ geltende Regeln in Zweifel geraten: So sei die Leistungsflussdichte („Strahlung“) im Gebäude, auf dem eine Anlage steht, „zwar oft, aber nichts stets kleiner als an umliegenden Messpunkten“.

Bislang fühlten sich die Hauseigentümer auf der sicheren Seite: Experten betrachteten den Bereich unter Basisstation als relativ strahlungsarm. Denn die Antennen werden so ausgerichtet, dass ein „Leuchtturm-Effekt“ entsteht: Sie strahlen zur Seite ab, um ein möglichst großes Feld abzudecken; der Bereich unter der Sendeanlage sollte eigentlich im Funkschatten liegen – ein Irrglaube. In betroffenen öffentlichen Gebäuden wie Rathäusern, Sporthallen, Kirchen oder auch in Privathaushalten könnte die Studie also für Verunsicherung und Diskussionen sorgen.

Vertreter der Mobilfunk-Betreiber äußern sich in CHIP gelassen zu den Ergebnissen der Studie. Roland Kuntze, Pressesprecher von O2: „Klar kann unter der Antenne ein bisschen was rauskommen. Aber das liegt alles weit unter den deutschen Grenzwerten, die sich ja an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation orientieren.“

Laut Ulf Stüwe, Projektleiter beim industrienahen „Informationszentrum Mobilfunk“ gibt es in Deutschland derzeit rund 60.000 Basisstationen. Für das UMTS-Netz sollen weitere 40.000 Antennen hinzukommen – und dann wäre erst eine Netzabdeckung
von rund 50 Prozent gewährleistet. Gerade die kleinen UMTS-Anlagen zeigen dem CHIP-Bericht zufolge besonders ausgeprägte Nebeneffekte, die für die chaotische Feldverteilung mitverantwortlich sind. Dies könnte künftige Verhandlungen der Mobilfunk-Provider mit Vermietern erschweren.

Publikation zum Thema

Veröffentlicht am: 01.01.2005

Feuer unterm Dach

Über den angeblichen Leuchtturmeffekt
Autor:
Josef Reitberger und Roman Leipold / Chip
Inhalt:
Eine seriöse Studie besagt: Die Ausbreitung von Mobilfunk-Strahlung verläuft chaotischer als bisher angenommen. Brisant: Auch in Häusern direkt unter den Antennen treten überraschend hohe Immissionen auf. Bislang fühlten sich die Hauseigentümer auf der sicheren Seite.
Artikel veröffentlicht:
08.12.2004
Quelle:
Computer-Zeitschrift CHIP, Januar 2005

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