Renommierte Experten fordern Ärzte auf, bei Vorsorgeuntersuchungen für Kinder auch die Belastung durch drahtlose Kommunikation in der Familie anzusprechen

Studie zu den Risiken der Mobilfunkstrahlung für Kinder
23. März 2023: Eine aktuelle Bewertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung auf die Gesundheit von Kindern, die in der Fachzeitschrift „Current Problems in Pediatric and Adolescent Health Care“ veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass Medizinern und Gesundheitsbehörden eine entscheidende Rolle bei der Prävention von Schäden durch Mobilfunkstrahlung zukommt.

Der Artikel "Drahtlose Technologien, nicht-ionisierende elektromagnetische Felder und Kinder: Identifizierung und Reduzierung von Gesundheitsrisiken“ wurde von sieben angesehenen Experten aus den Bereichen Medizin, Epidemiologie, Toxikologie, Physik, Bioverfahrenstechnik und öffentliches Gesundheitswesen verfasst, die zusammen mehr als 1.000 Arbeiten veröffentlicht haben. Das Papier wird in einigen Wochen in deutscher Übersetzung von diagnose:funk publiziert werden.

Die Autorinnen und Autoren der Studie

Bilder: Privat

Die Studienlage über gesundheitliche Auswirkungen

"Nicht-ionisierende Strahlung kann Auswirkungen auf zellulärer Ebene haben, unter anderem auf die Zellhomöostase und auf mitochondriale Prozesse, die für die Zellenergie und den Zellstoffwechsel entscheidend sind. Die Annahme, dass nur ionisierende Strahlung Schaden anrichten kann, ist überholt und falsch", erklärte Dr. Paul Ben Ishai vom Fachbereich Physik der Universität Ariel, Israel, Leiter des Labors für dielektrische Terahertz-Spektroskopie. 

"Die Wissenschaft weist darauf hin, dass drahtlose Strahlung wie ein klassischer endokriner Disruptor wirkt", erklärte Devra Davis, Ph.D., M.P.H., Präsidentin von Environmental Health Trust, und verwies auf "substanzielle Beweise", die die Exposition gegenüber drahtloser Strahlung mit Gedächtnis-, Verhaltens-, Fruchtbarkeits- und Gehirnentwicklungsstörungen sowie mit Krebs und neurologischen Erkrankungen in Verbindung bringen. 

Das Papier verweist auf zahlreiche Studien, die einen Zusammenhang zwischen drahtloser Exposition und Auswirkungen wie oxidativem Stress, DNA-Schäden, Kardiomyopathie, Karzinogenität, Spermienschäden, Gedächtnisschäden und neurologischen Auswirkungen herstellen. Die American Academy of Pediatrics setzt sich seit langem dafür ein, dass die Vorschriften der US-Regierung aktualisiert werden, um die Gefährdung von Kindern zu berücksichtigen. Schwangerschaft, Säuglings- und Kindesalter sind Zeiten kritischer Anfälligkeit, insbesondere für das sich schnell entwickelnde Gehirn. 

Die Grenzwerte sind veraltet und ohne Schutzfunktion

"Die derzeitigen staatlichen Sicherheitsgrenzwerte sind veraltet und entsprechen weder dem neuesten Stand der Wissenschaft noch der Art und Weise, wie Kinder heute drahtlose Technologien nutzen", erklärte Dr. Linda Birnbaum, ehemalige Direktorin des US-amerikanischen National Toxicology Program (NTP) und des National Institute for Environmental Health, zu dieser kritischen Untersuchung experimenteller und epidemiologischer Beweise.

"Die falsche Annahme, dass drahtlose Strahlung nur dann schädlich ist, wenn das Gewebe überhitzt wird, hat in vielen (aber nicht allen) Ländern jahrzehntelang Fortschritte beim Gesundheitsschutz verhindert. Ein Mechanismus, der Schäden, einschließlich Krebs, auslöst, ist Chemieingenieuren wohlbekannt und wird als 'Mikrowellenkatalyse' bezeichnet", erklärte Meg Sears, Ph.D., Vorsitzende von Prevent Cancer Now und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ottawa Hospital Research Institute (Kanada). Sears arbeitet im Bereich Umwelt und Gesundheit, nachdem sie Bioverfahrenstechnik und angewandte Chemie studiert hat. 

Empfehlungen für Vorsorgemaßnahmen

Das Papier beschreibt, wie Ärzte einen präventiven Ansatz in ihre klinische Praxis integrieren können, indem sie Patienten und Familien über einfache Maßnahmen zur Minimierung der Exposition aufklären. Darüber hinaus werden spezifische Maßnahmen zur Verringerung der Exposition in Schulen und Schritte für medizinische Berufsverbände und Organisationen des öffentlichen Gesundheitswesens vorgeschlagen, um ihre Mitglieder aufzuklären und zu motivieren, sich für strengere Schutzvorschriften einzusetzen. 

"Wir empfehlen dringend, Eltern darüber aufzuklären, warum und wie sie die Exposition gegenüber drahtloser Strahlung verringern können, insbesondere während der Schwangerschaft", erklärte Dr. Hugh Taylor, Professor und Vorsitzender der Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie an der Universität Yale, dessen Forschung bei Mäusen, die vorgeburtlich Handystrahlung ausgesetzt waren, eine Hyperaktivität sowie Gedächtnisschäden festgestellt hat. 

Die American Academy of Pediatrics empfiehlt Eltern, die Handynutzung ihrer Kinder zu minimieren, und gibt zehn Tipps für Familien, wie z. B. das Handy von Gehirn und Körper fernzuhalten und beim Anschauen von Videos auf einem Gerät Filme vorab herunterzuladen und dann die drahtlosen Antennen auszuschalten, bevor das Gerät an das Kind übergeben wird, "um eine unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden".  

Zu den Empfehlungen anderer US-Gesundheitsbehörden zur Verringerung der Strahlenbelastung von Kindern gehören die Empfehlungen der kalifornischen Gesundheitsbehörde (California Department of Public Health) zum Umgang mit Mobiltelefonen und die Richtlinien des Maryland State Children's Environmental Health and Protection Advisory Council zur Verringerung der Mobilfunkstrahlung zu Hause und in der Schule. 

Theodora Scarato, Geschäftsführerin des Environmental Health Trust, wies auf internationale Maßnahmen zur Verringerung der Strahlenbelastung von Kindern hin, wie z. B. das Verbot des Verkaufs von Mobiltelefonen für Kleinkinder in Frankreich und Belgien und die zahlreichen Länder, die Beschränkungen für die Nutzung von WLAN in Klassenzimmern haben. Sie erklärte: "Die Grenzwerte der US-Regierung erlauben Strahlungsemissionen, die 10 bis 100 Mal höher sind als in zahlreichen Ländern wie der Schweiz, Italien, China, Russland und Indien. Viele Länder haben strengere Gesetze zum Schutz von Kindern und beschränken Mobilfunkmasten in der Nähe von Häusern und Schulen". 

FCC und ICNIRP verharmlosen Risiken

"Jahrzehntelange Forschung über die biologischen Auswirkungen von Mikrowellen-Hochfrequenzstrahlung (RFR) liefern eindeutige Beweise für eine Vielzahl von Risiken für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Erwachsenen und insbesondere von Kindern durch die alltägliche, schwache Exposition durch drahtlose Geräte wie Smartphones, Tablets, Laptops und andere WiFi-fähige drahtlose Elektronik. Meine Forschung zeigt, wie die FCC und die ICNIRP die Bedürfnisse der IKT-Industrie über den Schutz von Kindern stellen. Eltern, Ärzte und politische Entscheidungsträger haben sich in falscher Sicherheit wiegen lassen, was die Sicherheit der HF-Exposition von Kindern angeht", erklärte Dr. Tom Butler, Professor für Informationssysteme am University College Cork und ehemaliger Ingenieur für Satelliten- und Mikrowellentechnologie. 

Text Original: Environmental Health Trust

Das gesamte Papier ist frei zugänglich und kann als PDF-Datei unter diesem >>> Link heruntergeladen werden.

Davis D, Birnbaum L, Ben-Ishai P, Taylor H, Sears M, Butler T, Scarato T. Drahtlose Technologien, nichtionisierende elektromagnetische Felder und Kinder: Identifizierung und Reduzierung von Gesundheitsrisiken. Curr Probl Pediatr Adolesc Health Care. 2023 Mar 16:101374. doi: 10.1016/j.cppeds.2023.101374. Epub ahead of print. PMID: 36935315.

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“Children are not little adults and are disproportionately impacted by all environmental exposures, including cell phone radiation.” American Academy of Pediatrics to the Federal Communications Commission (2013)

 

 

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