16. Juni - Tag der Elektrohypersensibilität (IV)

2014: Deutsches Gericht anerkennt elektromagnetische Hypersensibilität als Krankheit
Elektrohypersensibilität sei eine Einbildung, dieses Märchen wird von der Mobilfunkindustrie in die Welt gesetzt, um von den Folgen ihrer Produkte abzulenken. Dasselbe geschah bei den Radarsoldaten. Es wurde bestritten, dass ihre Krankheiten bis hin zu Krebs von der Strahlenbelastung kommen würde, weil es eine Sensibilität dafür nicht geben würde. Viele Soldaten führten Prozesse. Erst 2014 wurde gerichtlich anerkannt: Elektrohypersensibilität ist eine Krankheit, verursacht durch Strahlung. Was für die ionisierende Radarstrahlung gilt, gilt prinzipiell auch für die nicht-ionisierende Strahlung des Mobilfunks. Das hat Prof. K. Hecht, Gutachter in vielen Radarprozessen, in einem Forschungsbericht nachgewiesen (s.u. Publikationen).
Quelle: beck-shop.deTitelblatt (Ausschnitt)

Bericht in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht über das Urteil zur Anerkennung von elektromagnetischer Hypersensibilität als Krankheit

 

 

 

 

 

 

"11 Anerkennung eines Dienstunfalls wegen Strahlenschäden bei der Bundeswehr

BeamtVG § 31 III

BVerwG, Beschl. u. 10.4.2014 - 2 B 36/13 (OVG Schleswig)

Zum Sachverhalt: Der Kl. begehrt die Anerkennung einer Erkrankung als Dienstunfall iSv § 31 III BeamtVG. Er war als Radarmechanikermeister bei der Bundeswehr beschäftigt und dabei Hochfrequenz- und Röntgenstrahlung ausgesetzt. Seit 1973 leidet er an unterschiedlichen Krankheitssymptomen, mit Ablauf des Monats Dezember 1994 wurde er wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Den im Mai 1993 gestellten Antrag, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Kl. als Dienstunfall anzuerkennen, lehnte die Beklagte ab. Im anschließenden Klageverfahren verpflichtete das OVG die Bekl., die elektromagnetische Hypersensibilität des Klägers als Dienstunfall wegen Berufskrankheit anzuerkennen. Durch Urteil vom 28.4.2011 (BVerwG, Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 = ZBR 2012,38 = NVwZ-RR 2011, 825 Ls. = NJO22072,90) hob das BVerwG das Berufungsurteil wegen fehlerhafter Erwägungen zur Beweislastverteilung auf und verwies die Sache an das OVG zurück. Nach Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme hat das OVG die Bekl. erneut verpflichtet, die Erkrankung des Kl. als Berufskrankheit iSv § 31 III BeamtVG anzuerkennen (OVG Schleswig, Urt. v. 13.9.2012 - 3 LB 27177, BeckRS 2074, 52833). Die Nichtzulassungsbeschwerde der Bekl. blieb ohne Erfolg.

Anmerkung von Richter am VG a.D. Bernd lrmfrid Budzinski (aus NVwZ)

I. Begründung der Vorinstanz

Die wahre Bedeutung dieser Entscheidung wird erst deutlich, wenn man die Begründung der Vorinstanz in ihren wesentlichen Teilen kennt. Danach hatte die Klage Erfolg, weil der Kläger, ein so genannter Radarsoldat ,,einen Anspruch auf Anerkennung seines als ,elektromagnetische Hypersensibilität' umschriebenen Symptomenkomplexes hat. "... Der Sachverständige Dr. A hatte zusammenfassend überzeugend dargestellt, ,,dass es sich hierbei um ein diffuses Beschwerdebild handelt, das von der evidenzbasierten (Schul-)Medizin nur als tendenziell existente Krankheit eingestuft wird, und zwar ohne definitive Nachweismöglichkeiten (Gutachten vom ...) .... es handelt sich um eine so genannte offene Berufskrankheit, die allein durch ihre Ursache definiert wird: Ionisierende Strahlung ... Diese Kausalität ist im vorliegenden Fall sogar nach den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin möglich ..." (Zitate-Ende).

ll. Bedeutung der Entscheidung

Erstmals wird somit in einem obergerichtlichen Urteil (OVG Schleswig, Urt. v. 73.9.2072 - 3 LB 21.177, BeckRS 2014, 52833) - soweit ersichtlich - von einer ,,elektromagnetischen Hypersensibilität" (Elektrohypersensibilität) als ,Krankheit' ausgegangen. Und erstmals blieb dies höchstrichterlich unbeanstandet; ja, hat das BVerwG seine zum selben Fall vor drei Jahren ablehnende Haltung aufgegeben ...  An diesem gewaltigen Fortschritt ändert es nichts,  dass es sich um den nur scheinbaren Sonderfall einer ,,offenen Berufskrankheit" handelt (was lediglich beweiserleichternd wirkt) und dass die Revisionsinstanz selbst vorsichtig nur von dem ,,beim Kläger aufgetretenen Krankheitsbild“ spricht. Denn dass es sich um ,,elektromagnetische Hypersensibilität" handelt, ist klar und wird vom BVerwG auch bei den (erfolgreich auf deren Anerkennung gerichteten) Anträgen des vorinstanzlichen Verfahrens wörtlich wiederholt. Das belegt weiter seine Beschreibung dieses Krankheitsbildes, welches - beginnend mit Befindlichkeitsstörungen - in einem allgemeinen (hier zur 100 %igen Berufsunfähigkeit führenden) Erschöpfungssyndrom endet. Diese für die elektromagnetische Hypersensibilität typische, obgleich knappe, Beschreibung macht diese nun zu einer prinzipiell höchstrichterlich anerkannten Krankheit. Das hat eine nicht zu unterschätzende allgemeine Bedeutung; auch für viele andere durch elektromagnetische Strahlung Geschädigte, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Mobilfunk, obwohl dessen Strahlung nicht-ionisierend ist."

Quelle: NVwZ, 33. Jahrgang 2014, S. 1325-1327, >>> ganzer Artikel s. Downloads

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Der Wirtschafts- und Sozialausschuss der Europäischen Union (EWSA) schreibt zu Elektrosensibilität in seiner Stellungnahme im Amtsblatt der EU vom 04.03.2022:

  • „Das Europäische Parlament, der EWSA  und der Europarat haben anerkannt, dass Elektrosensibilität bzw. Elektrosensitivität eine Krankheit ist. Hiervon sind eine Reihe von Menschen betroffen, und mit der Einführung von 5G, für das eine viel höhere Dichte elektronischer Anlagen benötigt wird, könnte dieses Krankheitsbild häufiger auftreten.“

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Quelle: Liebig VerlagsgenossenschaftBuchcover

Als zwanzigjähriger ging Uli Borsch zur Bundeswehr und arbeitete an einem Flugabwehrsystem, bei dem Radar eingesetzt wurde. Er bekam Blutkrebs (Leukämie). Er klagte um eine Anerkennung als Berufskrankheit und um Entschädigung. In seinem Buch schildert er das "unmenschliche Verhalten": "Der Bund als Dienstherr und Verantwortlicher lehnt jede Zahlung ab und versteckt sich hinter diffusen Paragrafen, dümmlichen Ausreden und handfesten Lügen" (S.6).

Ulrich Borsch: Dank des Vaterlandes. Bleibt unser Leiden nur eine Aktennotiz der Bundeswehr? Verlag Reinhold Liebig, ISBN 978-3-9523363-6-6

TitelblattOtto Hug Strahleninstitut - strahlenschutz-gesellschaft.de

"Der Bericht des Otto-Hug-Strahleninstituts „Unterschätzte Gesundheitsgefahren durch Radioaktivität am Beispiel der Radarsoldaten“ (Mämpel et al. 2015) befasst sich auch mit den Wechselwirkungen von Radar- und Mobilfunkstrahlung:

  • „Die Exposition durch Radarstrahlen wurde bislang von offizieller Seite und von der Radarkommission nur dann für gesundheitsschädlich gehalten, wenn die Leistungsdichte der Strahlung im Gewebe zu einer messbaren Temperaturerhöhung führt. Inzwischen liegen jedoch zahlreiche Untersuchungen über Effekte durch den Mobilfunk vor, dessen hohe Frequenzen ebenfalls im Mikrowellenbereich liegen. Diese zeigen, dass es bei langanhaltender Exposition auch unterhalb der sogenannten Wärmeschwelle zu irreparablen und krankhaften Störungen wie zum Beispiel zu Unfruchtbarkeit kommen kann. Kombinationswirkungen zwischen der ionisierenden und der nicht-ionisierenden Strahlung sind ebenfalls als mögliche Ursache der multiplen Krankheitsphänomene anzusehen, die bei den Radarsoldaten und -beschäftigten zu beobachten sind “ (S. 9).

Diese Wechselwirkung bekommt aktuell große Bedeutung. Nicht nur bei Anwohnern in der Nähe von Flughäfen und Militäreinrichtungen. Das selbstfahrende Auto soll sich über eine
Kombination von Radar, LTE, WLAN, Bluetooth und GPS steuern, d. h. es wird zu einer neuen flächendeckenden Belastungvon Mensch und Umwelt durch eine Kombination verschiedener
Frequenzen kommen." (aus "Mobilfunk: Neue Studienergebnisse bestätigen
Risiken der nicht-ionisierenden Strahlung"
, Peter Hensinger, Isabel Wilke, umg 3-2016)

Publikation zum Thema

Heft 6, März 2012Format: A4Seitenanzahl: 64 Veröffentlicht am: 01.03.2012 Bestellnr.: 706Sprache: Deutsch

Zu den Folgen der Langzeiteinwirkungen von Elektrosmog

Wirkungen des Mobil- und Kommunikationsfunks
Autor:
Prof. Karl Hecht
Inhalt:
Prof.Karl Hecht erstellte in den 1990er Jahren im Auftrag des Bundesamtes für Telekommunikation eine Aufarbeitung des Forschungsstandes sowjetischer Arbeiten. Die Ergebnisse waren brisant und verschwanden im Archiv. In dieser Broschüre sind sie veröffentlicht. Auf der Grundlage eines breiten medizinischen und statistischen Datenmaterials, das er der Auswertung von 878 russischsprachigen Studien verdankt, kann Karl Hecht an einem Zeitraum von bis zu zwei Jahrzehnten deutliche gesundheitsschädigende Langzeitwirkungen elektromagnetischer Felder zeigen. Am Beispiel seiner Forschungsrecherche macht er aber auch anschaulich, wie solche Ergebnisse tabuisiert werden, wenn sie ökonomischen und politischen Interessen widersprechen.
Format: A4Seitenanzahl: 21 Veröffentlicht am: 21.10.2015 Sprache: DeutschHerausgeber: Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie e.V.

Ist die Unterteilung in ionisierende und nichtionisierende Strahlung noch aktuell?

EMF-Strahlung kann O2- und NO-Radikale im Überschuss im menschlichen Körper generieren
Autor:
Prof. Dr. med. Karl Hecht
Inhalt:
Sowohl die sogenannten ionisierenden Strahlungen als auch die sogenannten nichtionisierenden Strahlungen können freie Radikale im menschlichen Körper generieren. Analoge biologische Schädigungen können also von beiden Arten der Strahlung ausgehen. Aus allem folgt: Da für den Schutz der Bevölkerung die Folgen der Strahlungen auf den menschlichen Körper ausschlaggebend sind, ist eine Unterteilung in ionisierende und nichtionisierende Strahlung nicht mehr angebracht. Das muss aber auch Konsequenzen für den gegenwärtigen Strahlenschutz und entsprechende juristischen Bewertungen haben.
Berichte des Otto Hug Strahleninstituts Nr. 25 2015 Seitenanzahl: 212 Veröffentlicht am: 25.01.2016 Sprache: DeutschHerausgeber: Gesellschaft für Strahlenschutz e.V

Unterschätzte Gesundheitsgefahren durch Radioaktivität am Beispiel der Radarsoldaten

Berichte des Otto Hug Strahleninstituts
Autor:
Walter Mämpel, Sebastian Pflugbeil, Robert Schmitz, Inge Schmitz-Feuerhake
Inhalt:
Schäden durch Röntgenstrahlung, Radioaktivität und Hochfrequenzstrahlung - der neue Bericht des Otto-Hug-Strahleninstituts "Unterschätzte Gesundheitsgefahren durch Radioaktivität am Beispiel der Radarsoldaten" liegt seit kurzem vor. Er kann in Buchform bezogen werden beim Bund zur Unterstützung Radargeschädigter e.V. und der Gesellschaft für Strahlenschutz e.V.
umwelt · medizin · gesellschaft | 29 | 3/2016Format: A4Seitenanzahl: 11 Veröffentlicht am: 02.11.2016 Sprache: Deutsch

Mobilfunk: Neue Studienergebnisse bestätigen Risiken der nicht-ionisierenden Strahlung

Artikel in umwelt-medizin-gesellschaft
Autor:
Peter Hensinger und Isabel Wilke
Inhalt:
Der Artikel dokumentiert neue Studienergebnisse zu den Endpunkten Gentoxizität, Fertilität, Blut-Hirn-Schranke, Herzfunktionen, Kognition und Verhalten. Ein gesicherter Schädigungsmechanismus ist oxidativer Zellstress. Neue Hypothesen zu weiteren Wirkmechanismen werden dargestellt.
Umwelt-Medizin-Gesellschaft 1/2013Format: A4Veröffentlicht am: 01.01.2013 Sprache: DeutschHerausgeber: UMG-Verlag

Steigende "Burn-out"-Inzidenz durch technisch erzeugte magnetische und elektromagnetische Felder des Mobil- und Kommunikationsfunks


Autor:
Ulrich Warnke & Peter Hensinger
Inhalt:
Forschungsbericht über Oxidativen Zellstress, ausgelöst durch elektromagnetische Felder und die krankheitsauslösenden Folgen.
Format: A 4Seitenanzahl: 20 Veröffentlicht am: 01.02.2012 Bestellnr.: 215Sprache: Deutsch

Elektrohypersensibilität - Tatsache oder Einbildung?

Ein Forschungsüberblick von Genuis/Lipp
Inhalt:
Ein Forschungsüberblick der kanadischen Umweltmediziner Genuis/Lipp über die Ursachen von Elektrohypersensibilität. Als Download finden Sie den Brennpunkt mit einem Vorwort zur Studie. Der komplette Brennpunkt mit der dt. Übersetzung des Forschungsüberblicks ist beim diagnose:funk - Versand bestellbar.
5. Auflage November 2020Format: A5Seitenanzahl: 60 Veröffentlicht am: 01.11.2020 Bestellnr.: 101Sprache: DeutschHerausgeber: diagnose:funk | Titelfoto: Drobot Dean stock.adobe.com

Elektrostress im Alltag

Anregungen zur Minimierung - Was jeder selbst tun kann
Autor:
Dr. G. Oberfeld (Land Salzburg), Dipl.-Ing. J. Gutbier (diagnose:funk)
Inhalt:
Seit September 2018 ist der vollständig überarbeitete Ratgeber "Elektrosmog im Alltag" mit dem veränderten Titel "Elektrostress im Alltag" erhältlich. Die nun vorliegende 5. Auflage wurde von 56 auf 60 Seiten erweitert. Wieder mit dabei ist die Landessanitätsdirektion Salzburg, auf deren „Informationsmappe Elektrosmog“ von 2008 diese Broschüre aufbaut. Mit einfacher Sprache, kurzen Texten, über 150 Bildern, Grafiken und Tabellen sowie einfache Icons für jede Empfehlung wird versucht, das komplexe Thema der Elektromagnetischen Felder (EMF) für Laien verständlich zu erläutern. Hilfestellung zur Selbsthilfe durch Prävention ist das Anliegen der Autoren. Wir danken Dr. Martin Virnich, Dr. Dietrich Moldan, Dirk Herberg und Dipl. Ing. Dietrich Ruoff für ihre Unterstützung bei der Erstellung.
Artikel veröffentlicht:
31.05.2022
Autor:
diagnose:funk

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