5G: Der Vorsitzende des Umweltrechtsausschusses im Deutschen Anwaltverein, Prof. Müggenborg, fordert Einhaltung des Vorsorgeprinzips

In dem Artikel "Das Vorsorgeprinzip beim Ausbau von G5" (NuR (2021) 43: 16–20) setzt sich Professor Hans-Jürgen Müggenborg, der Vorsitzende des Umweltrechtsausschusses im Deutschen Anwaltverein, damit auseinander, ob bei der 5G Einführung die Rechtsprinzipien, die im Umweltrecht bei der Einführung neuer Produkte und Stoffe gelten, beachtet werden. Er kommt zu dem Ergebnis, dass das nicht der Fall ist und damit gegen das Vorsorgeprinzip verstoßen wird.
Prof. Hans-Jürgen MüggenborgQuelle: rechtsanwalt-mueggenborg.de

Wir zitieren unkommentiert aus dem Artikel von Prof. Hans-Jürgen Müggenborg, weil seine Ausführungen selbsterklärend sind. Sie machen zwingend klar, dass die Kommunen ihre Rechte und Pflichten für den Gesundheitsschutz durch Mobilfunkkonzepte wahrnehmen müssen (Hyperlinks und Überschriften von diagnose:funk). 

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Die Studienlage begründet ein Besorgnispotential

  • "Bisherige Untersuchungen nähren zumindest den begründeten  Verdacht schädlicher Auswirkungen der Funkstrahlung. Konkret lassen sich eine Beeinflussung der Durchblutung des Gehirns, eine Beeinträchtigung der Spermienqualität, eine Destabilisierung der Erbinformation sowie Auswirkungen auf die Expression von Genen, nämlich den programmierten Zelltod und oxidativen Zellstress, daraus ableiten. Ob das zu realen Gesundheitsgefährdungen führt, bedarf noch weitergehender Untersuchungen.
  • Aus Vorsorgegründen haben Städte wie Brüssel, Florenz, die Kantone Genf und Jura den 5G-Ausbau zunächst gestoppt und zwar so lange bis die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Funkstrahlung wissenschaftlich nachgewiesen ist.
  • Zu dem Themenfeld existieren weltweit unzählige Forschungsberichte mit unterschiedlichen Ergebnissen. Diese lassen erkennen, dass die Experten bis heute zu keiner einheitlichen und eindeutigen Aussage darüber gelangt sind, ob und welche gesundheitlichen Auswirkungen der Ausbau von 5G für den Menschen haben wird." (S. 17)

Der TAB Österreich und die Versicherer bestätigen die Unsicherheit

Das Vorsorgeprinzip muss bei der 5G-Einführung berücksichtigt werden

  • "Angesichts der naturwissenschaftlichen Erkenntnisdefizite über die möglichen Folgen der Mobilfunkstrahlung liefert auch das Vorsorgeprinzip – oder auch Vorsorgegrundsatz genannt – wichtige Hinweise auf die zu erfüllenden Notwendigkeiten vor der Einführung einer neuen Technik.
  • Das Vorsorgeprinzip ist nicht nur national in Art. 20a GG verankert, sondern zudem auch EU-rechtlich und völkerrechtlich vorgegeben. Auch neue technologische Entwicklungen unterliegen dem Vorsorgeprinzip." (S.18)
  • Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass dann, wenn ein gewisses Risiko für 5G auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten hinreichend dokumentiert erscheint, was angesichts der Fülle der kritischen wissenschaftlichen Berichte der Fall ist, vorbeugende Maßnahmen zumindest getroffen werden können. Das Vorsorgeprinzip ist letztlich eine spezielle Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Hiernach sind die von der Wissenschaft offengelegten Risiken mit den konkreten Vorteilen, die mit 5G auch verbunden sind, abzuwägen. Je schwerwiegender die gesundheitlichen Folgen für Teile der Bevölkerung ausfallen, umso stärkerer Restriktionen bedarf die Einführung dieser neuen Technologie."(S.19)

Die ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) ist nicht objektiv

  • "Die ICNIRP ist aber keine offizielle Einrichtung der EU, sondern eine in München ansässige und als privater Verein eingetragene Organisation, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) formell als nichtstaatlicher Akteur und offizieller Partner anerkannt ist. Sie steht der Europäischen Kommission beratend zur Seite. Investigative Journalisten der Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ haben im Januar 2019 die ICNIRP als „ein Kartell“ beschrieben, das systematisch alle Studien, die mögliche Gefahren für die menschliche Gesundheit belegen, entkräftet. Es wurde offengelegt, dass deren Mitglieder gleichzeitig in allen relevanten Institutionen aktiv sind und somit den offiziellen Diskurs kontrollieren. Die ICNIRP unterliegt selber keinen Kontrollen, sondern kontrolliert sich selbst und hält abweichende Meinungen fern. So ist es wohl auch kein Zufall, dass der Sitz der ICNIRP im Gebäude des Bundesamtes für Strahlenschutz in München beheimatet ist. Eine ausführliche Studie hat sich mit den beruflichen Hintergründen der Mitglieder der ICNIRP befasst und so ein einseitiges Gewicht der Mobilfunkbranche offengelegt. Von einem solchen Verband sind kaum objektive Stellungnahmen zu erwarten." (S. 19)

Italienische Gerichte haben ICNIRP-Gutachter als befangen abgelehnt

  • "Alle stattgebenden Urteile haben die Aussagen von Vertretern von ICNIRP ausdrücklich unberücksichtigt gelassen, weil diese parteiisch seien. Die Vorbehalte gegen die Stellungnahmen dieser Organisation scheinen also begründet zu sein." (S.20)

Eine Technologiefolgenabschätzung ist zwingend

  • "Aus dem Schutzauftrag des europäischen Primärrechts und der Erkenntnis, dass gesundheitliche Risiken des verstärkten Mobilfunks 5G nicht ausgeschlossen werden können, muss die Folgerung abgeleitet werden, vor Einführung der Technik eine Technologiefolgenabschätzung durchzuführen."(S.20)

Plädoyer für ein Minimierungsgebot  und die Trennung der Indoor und Outdoor-Versorgung

  • "Daraus kann weiter die Folge abgeleitet werden, dass 5G möglicherweise zur Steuerung von Produktionsprozessen und auch zur Steuerung des autonomen Fahrens von überragendem Nutzen ist und in diesen Bereichen auch zugelassen werden sollte. Keinesfalls ist damit aber gerechtfertigt, sämtliche Häuser und Wohnungen mit Funkstrahlen zu belasten und die sich dort aufhaltenden Personen zu gefährden. Denn dies hätte zur Folge, dass die Menschen und damit auch elektrosensible Personen der Strahlung nicht mehr ausweichen können. Gerade die eigene Wohnung muss als Rückzugsort und Schutzraum erhalten bleiben, was auch technisch möglich ist.
  • Ein WLAN mit 5G ist dann überall dort zuzulassen, wo nicht Menschen schlafen und wohnen. Das bedeutet, dass eine entsprechende flächendeckende WLAN-Versorgung im öffentlichen Raum akzeptabel erscheint, ohne Zustimmung der jeweiligen Wohnungsnutzer aber nicht in privaten Wohnungen, in Wohnheimen, Krankenhäusern und dergleichen. Dort können die entsprechenden entsprechenden Signale auch per Kabel übertragen werden, sodass es jedem einzelnen Bewohner freigestellt ist, das Signal innerhalb seiner Wohnung kabellos, also durch WLAN, weiter zu übertragen." (S.20)
  • "Durch eine solche, über die Wissenschaft vermittelte Zwischenlösung lassen sich die Vorteile von 5G dort nutzen, wo sie dringend gebraucht werden, und gleichzeitig weitgehend sicherstellen, dass die Gesundheit von Menschen nicht überproportional gefährdet wird, was einem berechtigten Schutzanliegen von Menschen entspricht. Vor allem elektrosensible Menschen sind weitestmöglich vor der starken Strahlenbelastung und damit vor Beeinträchtigungen ihres Wohlbefindens und ihrer Gesundheit zu schützen."(S.20)

Kritik an der EU

  • "Unverständlich ist in diesem Kontext, dass die EU-Kommission am 30. 6. 2020 die Durchführungsverordnung für kleine drahtlose Zugangspunkte oder kleine Antennen verabschiedet hat, wonach kleinere 5G-Antennen europaweit genehmigungsfrei installiert werden dürfen mit der Zielrichtung, den Ausbau des 5G-Netzes zu beschleunigen. Hierbei wurden sämtliche Bedenken ausgeblendet, was als ein Ergebnis guter Lobbyarbeit der Mobilfunkbetreiber gewertet werden darf. Eine Technologiefolgenabschätzung ist unterblieben."(S.20)

 

Artikel veröffentlicht:
04.02.2021
Autor:
diagnose:funk

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