Brennpunkt: Heftige Debatte um die Insektenstudie

Klarstellung zum Review „Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten“
Titelblatt brennpunkt (Ausschnitt)Bild: diagnose:funk

1. Einleitung

Am 17.09.2020 präsentierten diagnose:funk und der NABU Baden-Württemberg in einer gemeinsamen Pressemitteilung[1] und Pressekonferenz den Review „Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten“ von Alain Thill.[2] Darin wird die weltweite Studienlage zur Wirkung elektromagnetischer Felder (EMF) auf Insekten dargestellt. Der Review kommt zum Ergebnis, „dass elektromagnetische Felder einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Vitalität von Insektenpopulationen haben könnten“.[3]

 

Der Review wurde von der Luxemburger Umweltorganisation AKUT herausgegeben und in der Zeitschrift umwelt-medizin-gesellschaft veröffentlicht. diagnose:funk und der NABU Baden-Württemberg unterstützten die Veröffentlichung auch finanziell. Über die Studie wurde deutschlandweit und darüber hinaus berichtet.[4] Leider sind uns in der dazugehörigen Pressemitteilung zwei Darstellungsfehler unterlaufen, die wir hier richtigstellen. Auch einigen Journalisten sind bei der Wiedergabe der Inhalte Fehler unterlaufen. Und das Bundesamt für Strahlenschutz hat sich zum Review geäußert.[5] Auf all diese Reaktionen gehen wir im Folgenden ausführlich ein.

 

2. Unsere Darstellungsfehler

Der Titel unserer Pressemitteilung lautete ursprünglich: „Metastudie: Mobilfunkstrahlung belastet Insekten“. Es handelt sich jedoch nicht um eine Metastudie, sondern um eine Überblicksstudie, auch Review genannt. Das haben wir falsch wiedergegeben. Ein Review ist ein Studienüberblick, der eine Zusammenfassung und eine Diskussion der Studien zu einem Thema bietet. Bei einer Metastudie (auch Metaanalyse genannt) hätten die Ursprungsdaten früherer Studien zusammengetragen sowie quantitativ und statistisch ausgewertet werden müssen.[6] Das war nicht der Auftrag und im Rahmen dieser Studie auch nicht angestrebt.

In unserer Pressemitteilung heißt es: „Die Studienanalyse basiert auf 190 wissenschaftlichen Veröffentlichungen“. Diese Aussage war irreführend und unpräzise. Bei der Literaturrecherche wurden insgesamt 190 Studien als potenziell relevant für das Review identifiziert, davon wurden 83 Studien als thematisch und methodisch relevant betrachtet und ausgewertet. Von diesen 83 Studien haben 72 einen Effekt elektromagnetischer Felder auf Insekten festgestellt. Korrekt ist also: „Für die Studienanalyse wurde eine Literaturrecherche durchgeführt, die insgesamt 190 wissenschaftliche Veröffentlichungen erbrachte. Davon wurden 83 Studien identifiziert, die für die Fragestellung als relevant und von ausreichender wissenschaftlicher Qualität erachtet wurden. Auf diese 83 Studien stützt sich der Review.“

Nach welchen Kriterien Thill die Studien auswählte und auf die erhebliche Anzahl von 83 relevanten Studien kam, stellt er detailliert im Review dar (Thill, S. 7/8).

 

3. Zur Stellungnahme des Bundesamtes für Strahlenschutz

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sowie die österreichischen und deutschen Mobilfunkbetreiber kritisierten in Stellungnahmen den Review als unwissenschaftlich, seine Schlussfolgerungen seien nicht durch die Studienlage gedeckt.[7] Die Äußerungen der Mobilfunkbetreiber kommentiert diagnose:funk nicht weiter, weil die Mobilfunkindustrie rein wirtschaftliche Interessen verfolgt und demzufolge Ökologie und Gesundheit bei ihnen außen vor bleiben. Staatssekretär Flasbarth vom Bundesumweltministerium sagte im Interview mit der Stuttgarter Zeitung: „Lobbyisten vertreten wirtschaftliche Interessen und nicht das Gemeinwohl“ (21.10.2020).

Dass von politisch hoher Stelle, also dem Bundesamt für Strahlenschutz, Stellung bezogen wird, bestätigt jedoch die Bedeutung dieses Reviews. Offensichtlich haben wir mit dem Review in ein Wespennest gestochen. Doch sind die Kritiken berechtigt?

 

3.1 Studien zeigen Wirkungen

Das BfS stimmt zu, dass Studien Wirkungen auf Insekten zeigen und schreibt in seiner Stellungnahme: „Es werden eine Vielzahl von angeblich schädigenden Effekten genannt. Viele davon sind biologische Wirkungen, die im Bereich des Verhaltens nicht zwingend schädlich sein müssen.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Rauchen führt auch nicht zwingend zu Lungenkrebs, Feinstaub nicht zwingend zu Bronchitis, Radioaktivität nicht zwingend zu Leukämie. Trotzdem gelten Rauchen, Feinstaub und radioaktive Strahlung als gesundheitsschädlich. Die Relativierung „nicht zwingend“ ist im Grunde eine Verharmlosung. Welche Schädigungen sich aus den biologischen Wirkungen von EMF für Insekten, die das BfS ausdrücklich einräumt, auf Grund der Studien aber ergeben können, beschreibt der Review-Autor: „Einschränkungen des Orientierungssinns, reduzierte Fortpflanzungsfähigkeit und Fruchtbarkeit, Lethargie, Veränderungen der Flugdynamik, Misserfolg in der Nahrungssuche, reduzierte Reaktionsgeschwindigkeiten, Fluchtverhalten, Störung der circadianen Rhythmik, Blockierung der Atmungskette und Schädigung der Mitochondrien, Fehlaktivierungen im Immunsystem, erhöhte Anzahl von DNA-Strangbrüchen.“[8]

 

3.2 Kausalität

Das BfS führt in seiner Stellungnahme an, eine Kausalität von EMF und Schädigung von Insekten sei noch nicht nachgewiesen: „Für einen Nachweis eines tatsächlich ursächlichen Zusammenhangs müssten mehrere Studien von hoher Qualität übereinstimmend diesen Zusammenhang zwischen EMF und den genannten schädigenden Wirkungen gezeigt haben. Der Autor gibt selbst zu, dass eine Replikation der Studien meist nicht stattfand.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Das BfS fordert also einen Nachweis oder Beweis, den man in der Biologie und Medizin schwer führen kann, weil das biologische System zu komplex ist. Bekanntestes Beispiel: Rauchen führt bei manchen Menschen zu Raucherbeinen oder Krebs, bei anderen nicht. Rauchen führt also nicht zwangsläufig zu Krebs und Raucherbeinen, aber die Wahrscheinlichkeit ist erhöht. In der Biologie spricht man deshalb von Hinweisen („evidence“) oder starken Hinweisen („clear evidence“). Mit dieser Problematik setzt sich auch der diagnose:funk-Brennpunkt „Der Kausalitäts-Betrug“ auseinander.[9]

    Zur Frage der Studien-Replikationen: Das Wort „meist“ in dem oben zitierten Ausschnitt aus der BfS-Stellungnahme verstellt die Sicht auf die Studien im Review, die die Forderung des BfS erfüllen, wo also Replikationen tatsächlich stattfanden. Dies ist bei den Studien von Panagopoulos et al. der Fall. Die Forschungsergebnisse der etwa 10 Forscher um Panagopoulos und Margaritis werden jedoch mit keinem Wort vom BfS erwähnt, obschon deren Forschung die höchste Qualität im gesamten Forschungsfeld aufweist (z. B. vielfach wiederholt, alle möglichen Variationen von Feldstärke und Expositionsdauer, ausgeklügelte Apparaturen, Analyse der Genexpression). Sie fanden z. B. am Referenzorganismus Drosophila melanogaster (Tau- oder Fruchtfliege) eine „signifikant erhöhte Anzahl von DNA-Strangbrüchen“[10] und einen „signifikanten Einfluss auf die Oogenese“[11]. Eine von Margaritis und Manta durchgeführte Studie mit 280 Experimenten ebenfalls an Drosophila melanogaster fand eine Erhöhung der Sauerstoffradikale (ROS) in den Eierstöcken nach Befeldung u.a. mit GSM-Handys oder WLAN-Routern.[12] Bestätigt wird das durch die Studie von Geronikolou (2014).[13]

    Bleibt die Frage, warum es zu vielen Studien keine Replikationen gibt. Liegt es daran, dass es kein Interesse an verifizierten Forschungsergebnissen gibt? Wie bei vielen relevanten, aber potenziell industriekritischen Fragestellungen ist auch beim Thema Mobilfunkstrahlung Forschung von politischer Seite offensichtlich nicht erwünscht: Studien zu Gesundheits- und Umweltgefahren werden in Deutschland von der öffentlichen Hand kaum finanziert. Weder das Bundesamt für Strahlenschutz noch das Umweltministerium Baden-Württemberg bilden hierbei eine Ausnahme, mit letzterem hatte diagnose:funk im Rahmen des EMF-Insekten-Reviews entsprechend negative Erfahrungen gemacht (s. u. Kapitel 4). Der vom BfS formulierte Ruf nach mehr Forschung ist pragmatisch rhetorische Propaganda, die ungehört und unbeantwortet verhallt.

    Die nachvollziehbare Forderung nach Replikationsstudien enthält aber auch die Unterstellung, wonach Einzelstudien keine Aussagekraft hätten. Kommt es nicht auch auf die inhaltliche Qualität der Studie an? Die eine Studie, die 1983 das Bakterium Helicobacter Pylori gefunden hatte, reichte, um auf die richtige Spur zu den Ursachen von Magenschleimhaut-Entzündungen und Magengeschwüren zu kommen.[14] Thill beschreibt im vorliegenden Review z. B. die Studie von Vilić et al. (2017), einer Arbeitsgruppe an der Universität Zagreb, deren Ergebnisse aufhorchen lassen, und die eine Richtung für weitere Forschung skizzieren:

    „In Vilić u. a. 2017 wurden Honigbienenlarven 900-MHz-Strahlung während 2 Stunden ausgesetzt, unmoduliert (4 Feldstärken) und moduliert (80 % 1 kHz, 217 Hz). DNA-Schäden waren bei modulierter, jedoch nicht bei unmodulierter Strahlung signifikant erhöht. Der TBARS-Wert („thiobarbituric acid reactive substance“), ein Indikator für Lipid-Peroxidation und oxidativen Stress, war jedoch signifikant reduziert in allen bestrahlten Gruppen – was auf reduzierten oxidativen Stress hinweist. Die Autoren fassen die Resultate anderer, ähnlicher Studien zusammen, wobei etwa ein Drittel einen Anstieg, ein Drittel einen Abfall und die restlichen Studien konstante oder variable Oxidationsparameter fanden. Die Schlussfolgerung ist, dass die Effekte von Hochfrequenz-EMF komplex und sowohl vom Typ des untersuchten Lebewesens (z. B. Insekt, Regenwurm, Ratte) als auch vom Entwicklungszustand (z.B. Ei, Larve, Adult) und der Einwirkdauer abhängig sind.“[15]

    Die wissenschaftliche Haltung des BfS müsste bei solchen Erkenntnissen sein, die Gründe der unterschiedlichen Effekte bei gleichen Organismen (s.o. Kausalitätsproblematik) weiter erforschen zu lassen. Solche Ergebnisse einfach zu übergehen, wie es das BfS macht, ist wissenschaftlich und ökologisch unverantwortlich. Das Vorsorgeprinzip gilt auch für die Tierwelt.

 

3.3 Qualität der Studien

Das BfS bemängelt: „Unklar ist auch wie in dem Review die Qualität der Einzelstudien bewertet wurde. Der Autor trennt zwar Studien anhand von Qualitätskriterien, nennt diese aber nicht, obwohl dies eine Voraussetzung für ein systematisches Review ist.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Hier hat das BfS formal recht, die Kriterien selbst werden im Review nicht explizit genannt. Doch: Thill hat sich an den Qualitätskriterien des EU-EKLIPSE-Reports (Malkemper 2018) orientiert, darauf weist er hin (Thill S. 9). Bei Malkemper 2018 werden ab Seite 8 die Kriterien aufgeführt. [16] Thill hat allerdings versehentlich Potts (2016) als Quelle angegeben. Korrekt wäre demnach: „Die Qualität jeder Studie wurde ebenfalls mit einer 4-Punkte-Skala geschätzt (Malkemper 2018)“[17] Es wird also die gleiche Qualitätsskala wie in der EKLIPSE-Studie und wie in der als „Gegenbeweis“ gegen Thill vom BfS angeführten Studie von Vanbergen (2019)[18] verwendet. Wie Malkemper (2018) und Vanbergen (2019) setzt Thill voraus, dass die Einstufung auf dieser Qualitätsskala, die auch von diesen Autoren nicht näher erläutert wird, unter Fachleuten bekannt ist.

    diagnose:funk hat beim Review-Autor Thill nachgefragt und folgende Antwort erhalten: „Die Qualität habe ich abgeschätzt, was Ordentlichkeit, Wiederholbarkeit, statistische Angaben angeht – im EKLIPSE-Report ist nicht genau beschrieben, wie die Qualität einer Studie gewichtet wurde, nur dass hierfür jeweils eine Gewichtung eines biologischen Experten und eine von einem technischen Experten pro Studie erstellt wurden. Davon habe ich den Mittelwert berechnet und vergleichsweise mit meiner Qualitätseinschätzung aufgeführt, um zu zeigen, dass ich eine vergleichbare qualitative Einstufung gefunden habe wie das Experten-Panel vom EKLIPSE -Report. Der Einwand des BfS ist insoweit berechtigt, als dass ich keine genaue Angabe der Qualitätskriterien mache (und dennoch probiere, fair zu urteilen, und nicht, wie man oft sieht, deutsche oder US-amerikanische Studien automatisch höher einzustufen als z. B. russische Studien). Jedoch sind auch im EKLIPSE -Report keine genauen Angaben hierzu zu finden.“

 

3.4 Hochfrequenzgeneratoren oder echte Mobiltelefone?

Das BfS argumentiert, es seien überwiegend Studien aufgeführt, die „herkömmliche Geräte zur Exposition“ (also echte Mobiltelefone) verwendeten statt „gut definierte Expositionsanlagen“ (also Hochfrequenzgeneratoren aus dem Labor). Das schränke die Aussagekraft ein und könnte „wenig zur Bewertung eines ursächlichen Zusammenhangs beitragen“, so das BfS.

  • Kommentar von diagnose:funk: Das Gegenteil ist der Fall: Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die modulierten und getakteten tatsächlichen Signale von Mobiltelefonen und von Sendemasten biologisch schädlicher (bioaktiver) sind als die Signale von Hochfrequenzgeneratoren. Deshalb produzieren Studien unter Verwendung echter Mobiltelefone realistischere Ergebnisse.[19] Menschen und Insekten werden schließlich nicht von Hochfrequenzgeneratoren bestrahlt, sondern von herkömmlichen Mobilfunkmasten und -endgeräten. Diese verwenden eine Kombination aus hochfrequenter Trägerwelle (z.B. 900 oder 1800 MHz) und niederfrequenter Modulation und Taktung.

 

3.5 Der Gegenbeweis: Vanbergen et al. (2019)

Das Bundesamt für Strahlenschutz argumentiert gegen Thill mit der Übersichtsarbeit von Vanbergen et al. (2019), die eine leichte Erweiterung des EKLIPSE-Reports[20] ist und von denselben Forschern stammt:[21] Das BfS sagt, diese Studie weise bei den Einflüssen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Bestäuber nach, dass diese „als neutral gewertet werden können“.

  • Kommentar von diagnose:funk: Hier macht es sich das BfS sehr leicht, indem es diese Aussage[22] aus dem Zusammenhang reißt und den Erkenntniskontext nicht hinzufügt, der hier zugrunde liegt. Vanbergen et al. bewerten nämlich zusätzlich die Zuverlässigkeit ihrer Aussagen bezüglich der Schädlichkeit von EMF auf Insekten. Bei der Strahlungsquelle „Mobilfunk“ steht zwar ein waagerechter Pfeil für „neutral“, aber die statistische Sicherheit bezüglich Qualität, Anzahl und Einigkeit der wissenschaftlichen Aussagen sei noch unklar („unresolved“), so die Autoren Vanbergen et al. Zusätzlich wird bei Vanbergen et al., im Vergleich zum EKLIPSE-Report, eine negative Wirkung von niederfrequenten EMF (Hochspannung) auf die Kognition als ausreichend belegt betrachtet, nachdem Experimente von Sebastian Shepherd (2018, 2019) dies klar belegen.[23] Aktuell wird dies durch die Studie von Migdal et al. (2020) bestätigt.[24] Es erscheint wahrscheinlich, dass die Mechanismen hierbei auch für hochfrequente getaktete und modulierte EMF gelten. Doch Forschungen über die gleichzeitige Einwirkung und Wechselwirkung von niederfrequenten EMF (z.B. 50 Hz) und hochfrequenten EMF (z.B. Mobilfunk- oder WLAN-Strahlung) stehen aus.

    In Abschnitt 3 „Vom Menschen erzeugte elektromagnetische Funkstrahlung“ erklären Vanbergen et al. zunächst, EMF sei schlicht als Risiko für Insekten bislang nicht untersucht worden,[25] es gäbe zu wenig Studien,[26] aber eine neue Studie würde das bislang nicht untersuchte Risiko für Tiere durch 5G-Mobilfunk benennen.[27] Dann folgt die Schlussfolgerung von Vanbergen et al.:

    „Daher besteht die Möglichkeit, dass AREMR[28] diese physiologischen Funktionen stören könnte, was sich letztlich auf die Gesundheit und das Überleben der Bienen auswirken würde.“[29]

    Trotz vieler offener Fragen und einer scheinbar widersprüchlichen Studienlage endet der Review mit dem Satz:

    „Das Ausmaß, mit dem vom Menschen erzeugte EMF (ALAN[30] oder AREMR) eine erhebliche Bedrohung darstellen für Bestäuberinsekten und für den Nutzen, den sie Natur und Mensch bringen, muss noch klarer festgestellt werden.“[31]

    Die im Abschnitt „Kausalität“ (s.o.) aufgeführte sehr ausführliche, mittlerweile 10-jährige Forschung von Panagopoulos et al. wird von Vanbergen et al. (2019) nicht erwähnt, obwohl im zugrundeliegenden EKLIPSE-Report vier Studien von Panagopoulos aufgelistet werden und die Athener Forschergruppe seitdem entscheidende neue Erkenntnisse erlangt hat. Was der Grund dafür ist, bleibt unklar. Jedoch wird dadurch ein erheblicher Teil hochqualitativer Studien und Wiederholungsstudien am Modellorganismus der Taufliege (Drosophila melanogaster) einfach ausgeblendet.

    Vanbergen et al. (2019) erwähnen die Studie von Favre (2011), kritisieren die zu hohen Feldstärken (Handy in Bienenstock), erwähnen aber nicht die Nachfolgestudie von 2017 mit sehr niedriger Feldstärke (100 µWatt/m²). Diese Versuche zeigten die gleichen Auswirkungen im Fluchtverhalten wie die Versuche von 2011.

    Bei Lichte betrachtet wirkt die Arbeit von Vanbergen et al. (2019) einseitig. Ist das der Grund, warum das BfS gerade diese Überblicksarbeit ins Feld führt? Und warum reißt das BfS die Bewertung „neutral“ bezüglich Mobilfunkstrahlung und Insekten aus dem Zusammenhang und benutzt sie als Entwarnung, wo die Forscher selbst dies doch anders bzw. differenziert darstellen?

    Der wissenschaftliche Fortschritt des Reviews von Thill besteht darin, dass er akribisch die vorhandenen Studien dokumentiert und bewertet. Er deckt eine Studienlage auf, die bisher in diesem Ausmaß nicht vorlag.

    Thill kommt zu dem Schluss, dass einige Studien konsistente Hinweise geben, andere anekdotisch sind, deren Hinweisen aber nachgegangen werden muss. Thill zieht aus der Zusammenschau der Ergebnisse aus Laboruntersuchungen, Feldversuchen und den Erkenntnissen über das Insektensterben den Schluss, dass „EMF einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Vitalität von Insektenpopulationen haben könnten“. Wie Vanbergen et al. (2019) betont auch Thill, dass weitere Forschung dringend benötigt wird.

    Die Studie von Vanbergen et al. (2019), die das BfS als Gegenbeweis anführt, kehrt sich gegen das BfS. Das BfS will offensichtlich die Erkenntnisse von Thill abblocken, es zeigt kein tieferes Erkenntnisinteresse am Thema und setzt so seine Praxis der letzten Jahrzehnte fort: Alle Studien, die Effekte zeigen, werden vom BfS angezweifelt. Das signalisiert der Politik: kein Handlungsbedarf. Das „Informationszentrum Mobilfunk“, eine Internetseite der vier deutschen Mobilfunkbetreiber (Telekom Deutschland, Telefónica Germany, Vodafone und 1&1 Drillisch), zitiert dankend die entwarnende Stellungnahme des BfS und verlinkt bei den Medienberichten ausschließlich auf den SWR-Beitrag, den diagnose:funk in Kapitel 5.2 (s.u.) ausführlich kommentiert.

 

3.6 Keine eigene Expertise

Welche Expertise hat das BfS selbst? Auf seiner Homepage selbst findet man eine magere Analyse, basierend auf gerade einmal 10 Studien zu Insekten allgemein, 6 zu Bienen und 3 zu Ameisen.[32] Die fast durchgehende abwertende Einschätzung des BfS: „methodische Mängel“. Beherrschen alle Wissenschaftler, die solche Studien durchführen, ihr Handwerk nicht? Eigene Forschung zu EMF und Insekten oder wenigstens einen ausführlichen Review zu diesem Forschungsbereich hat das BfS bisher nicht in Auftrag gegeben.

Diese Situation macht sich das Bundesamt für Strahlenschutz zunutze: Es verweist auf Lücken in der Forschung, die es selbst mit zu verantworten hat. Die Erkenntnis-Formel des BfS ist einfach. Selbst organisiertes Nicht-Wissen wird als Wissen ausgegeben. Die Logik des deutschen Strahlenschutzes folgt so einer zirkulären, scheinlogischen Struktur: Ernst zu nehmende Risiken sind den zuständigen Schutz-Gremien angeblich nicht bekannt. Ihre Erforschung kann also keine Priorität beanspruchen. Der Verzicht auf weitere Forschung versteht sich dann wiederum als öffentlicher Beweis, dass es ernst zu nehmende Risiken nicht gibt. Nichts ergibt Nichts, was zu beweisen war. Und können Ergebnisse nicht unter den Teppich gekehrt werden, werden sie als „methodisch schlecht gemacht“ angezweifelt.

Die Blaupause für diese Verharmlosungstaktik stammt von Luc Verschaeve, ehemaliges Mitglied der ICNIRP, eng liiert mit dem BfS. In einem Review zweifelt er alle Studienergebnisse zu Tieren und Pflanzen an.[33] Die Kritik an dieser Risikoentsorgung der Studienergebnisse zu Tieren und Umwelt wurde 2016 von Panagopoulos et al. in einem Kommentar detailliert geführt.[34]

 

4. Historie des Reviews

Angesichts der Dramatik des Insektensterbens müsste der Staat jedem Hinweis auf weitere Ursachen neben Pestiziden und Lebensraumverlust nachgehen. Das dachte zumindest diagnose:funk. Im Jahr 2017 übergaben wir deshalb dem grün geführten Umweltministerium in Baden-Württemberg, Abteilung Forschung, unsere Literaturrecherche von 153 Studien zu EMF und Insekten. Der Abteilungsleiter war beeindruckt und sagte die Finanzierung eines Reviews zu. Doch nach einem Jahr war nichts geschehen. Im zweiten Jahr wurden Termine dafür mit Fachleuten anberaumt, aber alle wurden wieder abgesagt. Ein Insider teilte uns dann mit: Der Insekten-EMF-Review ist nicht gewollt. Die Behörden sind offensichtlich nicht an einer Klärung interessiert.

Was tun? Uns war klar: diagnose:funk hat nicht das Budget, um eine Arbeitsgruppe aus Insektenforschern, Biophysikern, Toxikologen, Biologen und Statistikern zu bezahlen, wie wir es vom Umweltministerium erhofft hatten. Eine Studie vom Format einer „S-Klasse“ war also nicht möglich. Aber das Thema musste an die Öffentlichkeit.

Auf einer Tagung kam diagnose:funk mit dem Präsidenten der Luxemburger Umweltorganisation AKUT, Jean Huss, in Kontakt, der spontan zusagte, das Projekt zu realisieren. AKUT Luxemburg war bereit, einen Review zu finanzieren, allerdings einen „Polo“. Immerhin! Auch ein solides, funktionsfähiges Fahrzeug. Und nun kommen die, die nichts tun, z. B. das BfS, und kritisieren am gelieferten „Polo“, dass er nicht die Anforderungen der „S-Klasse“ erfüllt! Ganz schön zynisch, um das eigene Nichtstun zu kaschieren. Spendenfinanzierte Organisationen wie AKUT, NABU und diagnose:funk bezahlen die Arbeit, die eigentlich der Staat machen müsste. Das ist schlichtweg Staatsversagen.

5. Zu den Presseberichten

5.1 Agenturmeldung mit falschen Zahlen und falschen Tieren

Die Nachrichtenagentur AFP verbreitete in ihrer Meldung, die es bis nach Südtirol[35] schaffte, folgende Info: „Demnach wiesen 60 von 100 aus der Gesamtmenge als seriös eingestuften Studien in Labor- und Feldversuchen negative Auswirkungen auf Bienen, Wespen und Fliegen nach.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Weder in unserer Pressemitteilung noch im Review selbst finden sich die Zahlen von 60 oder 100 Studien. Im Review sind Wespen als Versuchstiere nicht aufgeführt. Bei den „Fliegen“ handelt es sich um Tau- oder Fruchtfliegen.

5.2 Südwestrundfunk: Redakteur ärgert sich

Der Wissenschaftsredakteur des SWR macht sich in seinem Artikel Luft, weil er sich über die Darstellungsfehler in der Pressemitteilung von NABU und diagnose:funk geärgert hat (s. o.).[36]

Zum Review schreibt der SWR: „Und die Gesamtschau der Studien hat der Forschungslage keine neue Erkenntnis gebracht.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Diese Aussage wird vom SWR nicht weiter begründet. Demgegenüber bewertet der Biologe Prof. Herbert Zucchi von der Hochschule Osnabrück den Review als sehr gründliche Arbeit, die Insektenforschern einen guten Überblick über den aktuellen Kenntnisstand biete. Prof. Zucchi ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet Insekten. Der Umweltmediziner Prof. Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien – Zentrum für Public Health sagte dem ORF:[37] „Bei der neuen Studie handelt es sich um eine gute und mühevoll zusammengestellte Übersichtsarbeit.“

Der nächste Vorwurf des SWR: „Die vorgelegte Studie hat überhaupt nicht versucht, die Ergebnisse einzelner Studien so zusammenzuführen, dass in der Gesamtschau ein neues Ergebnis sichtbar werden könnte.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Die vorgelegte Studie hatte als erstes Ziel, einen Überblick über die Forschungslage zu erhalten, siehe oben. Hinzu kommt eine aktuelle Übersicht der Mechanismen, die es in ihrer Gesamtheit sonst noch nirgendwo gibt, sowie Vergleich und Gewichtung der Schädlichkeit der verschiedenen Mobilfunktechnologien. Die Ergebnisse der einzelnen Studien wurden zudem anhand des Maßstabs der EKLIPSE-Studie nach Schädlichkeit der EMF klassifiziert.

Der SWR-Artikel beschäftigt sich als nächstes mit statistischen Angaben: „Er habe gar keine Übersichtsanalyse erstellen können, weil die dafür notwendigen statistischen Angaben nur bei einer Handvoll der analysierten Studien vorlagen.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Die Publikationspraxis beim Thema EMF schreibt nicht vor, neben der Signifikanz (p) zusätzliche Angaben zu machen. Dies ist z. B. in der Toxikologie oder Pharmaforschung anders. Es liegt hierbei also nicht an mangelnder Qualität der EMF-Studien, sondern an der üblichen wissenschaftlichen Praxis auf diesem Themengebiet. Zusätzlich ist das gesamte Forschungsfeld der biologischen EMF-Forschung – im Vergleich zu Pharma- oder Pestizidforschung – unterfinanziert, so dass es insgesamt relativ wenig Studien gibt, und diese Studien oft nicht optimal durchgeführt werden. Starke statistische Aussagen sind zumeist nur mit teuren, groß angelegten Studien zu erzielen.

Der SWR bemängelt: „Der Autor sagt auch, dass er aus demselben Grund, den von ihm aufgeführten statistischen Mängeln, die Publikationsverzerrung nicht ermitteln konnte.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Die Argumentation des SWR zur Publikationsverzerrung ist in diesem Punkt nicht zutreffend, da die statistische Methode, um Publikationsverzerrung aufzudecken, entwickelt wurde, um unehrliches Verhalten industrieabhängiger (Pharma-)Forschung aufzudecken. Publikationsverzerrung erwartet man, wo klare positive (oder je nachdem, negative) Befunde einzelnen Individuen Ruhm oder Geld einbringen. Z. B. erwartet man, dass von der Mobilfunkindustrie finanzierte Studien, die eine Schädlichkeit von EMF bezeugen, nie publiziert werden und nur Befunde, die für Unbedenklichkeit plädieren, publiziert werden. Bei den im vorliegenden Review ausgewerteten Studien handelt es sich jedoch um unabhängige Forschung, die zudem mehrheitlich (72 von 83) schädliche Effekte finden.

Der SWR weiter: „Die Aussagen zur Schädlichkeit der Strahlung leiden nach Angaben des Autors darunter, dass die Mehrheit der Studien nicht nach den in der Toxikologie üblichen Sorgfaltskriterien durchgeführt wurde. Oha.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Nachfrage beim Autor der Studie ergab: Dies ist im Vergleich zu gut finanzierter Pharmaforschung zu sehen (s. o).

Die Kritik des SWR wurde nachfolgend von Politikern und der Mobilfunkindustrie als Entwarnung fehlinterpretiert. Vielmehr bestätigt der SWR die Ergebnisse des Reviews: „Von den 83 Studien haben demnach 72 Anzeichen für Veränderung im Stoffwechsel und im Verhalten von Insekten gefunden. Ja, das haben sie.“[38] Diese Kernaussage im SWR-Bericht wird bei denen, die sich auf ihn berufen, übergangen.

 

5.3 Tagesspiegel: Nachfrage bei anderen Wissenschaftlern

Der Autor des Tagesspiegels[39] bemängelt, dass der NABU-Artenschutzexperte Martin Klatt in einem Interview auf der NABU-Webseite elektromagnetische Felder als Ursache für die Abnahme der Insektenpopulation nicht nenne.

  • Kommentar von diagnose:funk: Das liegt vermutlich daran, dass EMF bislang gar nicht in die Analysen des Insektensterbens einbezogen wurden. Vanbergen et al. (2019) beschreiben dies ausführlich.[40] Der vorliegende Review könnte und sollte der Auslöser sein, dass Insektenforscher bei der Ursachenforschung des Insektensterbens in Zukunft das zusätzliche Schädigungspotenzial durch EMF näher erforschen.

Im weiteren Verlauf des Artikels wird Jon Chase vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig zitiert: „‚Welchen Einfluss elektromagnetische Strahlung auf das Insektensterben habe, wisse man nicht.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Das ist irreführend, denn wir wissen aus den im Review aufgeführten Studien, dass EMF für gesunde Laborinsekten (z. B. ohne Pestizid-Vorschädigungen) ab einer Feldstärke von 6 V/m schädlich sind, vermutlich sogar schon ab 3 V/m.[41] Wir wissen jedoch nicht, wieviel Strahlung draußen in der Natur flächendeckend vorhanden ist und ob für vorgeschwächte Insekten auch EMF unter 3 V/m bereits schädlich sind. Zum Vergleich: Der deutsche Grenzwert für GSM 900 liegt bei 42 V/m, der Grenzwert für UMTS und LTE bei 61 V/m.[42]

Der Biologe Francisco Sánchez-Bayo von der Universität Sydney wird als nächster Kronzeuge gegen die Ergebnisse des Reviews zitiert: „Der Rückgang vieler Insekten wird seit Anfang der 1980er Jahre beobachtet, als es noch keine Mobilfunknetze gab.“

  • Kommentar von diagnose:funk: Dieses Argument ist irreführend, denn als Hauptursache für das Insektensterben wird allgemein in der Literatur die Intensivlandwirtschaft (Lebensräume, Pestizide) verantwortlich gemacht. Das betont auch der Review-Autor im ersten Satz der Zusammenfassung und im ersten Absatz des Hauptteils des Textes; als Beleg wird u. a. auch eine Studie von Francisco Sánchez-Bayo angeführt. Dass EMF aber einen zusätzlichen Anteil am Insektensterben haben könnte, was man aufgrund der vielfach im Experiment und im Freiland beobachteten negativen Effekte vermuten kann, scheint für den Biologen aus Sidney undenkbar.

    Hinzu kommt: Seit den 1950er Jahren haben die Funkanwendungen massiv zugenommen. Bereits Ende der 1970er Jahre begann die flächendeckende Anwendung von Frequenzen des Mikrowellenbereichs.[43]

Allerdings kann sich Francisco Sánchez-Bayo auch nicht vorstellen, dass Mobilfunkstrahlung zu DNA-Schäden führt, der Tagesspiegel gibt dazu die Meinung von Francisco Sánchez-Bayo wieder: „Zudem hänge die Wirkung elektromagnetischer Strahlung auf biologische Systeme von ihrem Energieniveau ab. Röntgenstrahlen und UV-Licht können bei hoher Exposition die DNA in Zellen schädigen, das sichtbare Licht und Infrarotstrahlung haben diese Wirkung nicht. Dass die noch energieärmere Strahlung von Mobiltelefonen DNA-Schäden verursachen kann, sei einfach nicht glaubwürdig. ‚Sonst wären wir alle schon tot.‘“

  • Kommentar von diagnose:funk: Hier bedient Francisco Sánchez-Bayo das Energie-Argument der Mobilfunkindustrie, das diagnose:funk ausführlich wissenschaftlich basiert widerlegt hat.[44] Zudem ignoriert er die robuste Studienlage zum Zusammenhang von EMF, oxidativem Zellstress und DNA-Schädigung. Hat der Insektenforscher aufgrund dieser wenig wissenschaftlichen Herangehensweise in seiner Überblicksstudie zum Insektensterben von 2019 die Mobilfunkstrahlung als weitere Ursache nicht untersucht?

 

6. Peer-reviewed

Die im vorliegenden Review aufgelisteten Studien sind in Fachzeitschriften veröffentlicht und zuvor von einem Fachgremium gegengeprüft worden, man bezeichnet sie daher „peer-reviewed“. Uns ist nicht bekannt, dass eine dieser Studien von den Fachzeitschriften zurückgezogen wurde. Damit sind sie Bestandteil der wissenschaftlichen Erkenntnis.

Die Studie von Thill wurde von drei Fachwissenschaftlern beurteilt und zur Veröffentlichung akzeptiert. Allerdings ist die Zeitschrift umwelt-medizin-gesellschaft keine Themen-spezifische Fachzeitschrift mit einem peer-review-Gutachterausschuss für ein Spezialgebiet, sie behandelt in jeder Ausgabe andere Themen.

Für AKUT, den NABU Baden-Württemberg und diagnose:funk war es ein Abwägungsprozess: Eine spezifische Fachzeitschrift zu finden, hätte eventuell Jahre gedauert und es wäre möglich gewesen, dass etablierte Lehrstuhlinhaber sogar die Publikation zu verhindern versuchen, weil sie selbst zu diesem Thema noch nicht gearbeitet haben. Doch die Brisanz des Themas erforderte eine Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt, sie sollte das thematische Interesse wecken, was – außer beim Bundesamt für Strahlenschutz – erreicht wurde.

diagnose:funk wird nun den peer-review-Prozess anstoßen und zusammen mit Fachleuten beraten, wie die Studie weiterentwickelt werden kann.

 

7. Interesse am Thema oder schon handyabhängig?

Das Interesse am vorliegenden Review ist groß. Der Drang, die Ergebnisse anzuzweifeln oder gleich in die Tonne zu treten, scheint jedoch fast noch größer zu sein – zumindest beim Bundesamt für Strahlenschutz, der Mobilfunkindustrie und bei einigen Journalisten. Wird hier der Blick auf eine mögliche Gefahr für die Insektenwelt von der Handy-Abhängigkeit unserer Gesellschaft derart vernebelt, dass Fragen der Ökologie und der Verantwortung für den Planeten verdrängt werden?

 

8. Resümee

Die Kritiken bestätigen im vollen Umfang die Relevanz des Reviews von Alain Thill. Angesichts des dramatischen Artensterbens muss die potenzielle Schädigungsnoxe EMF weiter erforscht und Forschungslücken nachgegangen werden. Allen Leserinnen und Lesern empfehlen wir, die Kritiken auf ihren Gehalt hin mit dem Review zu vergleichen.

diagnose:funk fordert von der Bundesregierung und vom Bundesamt für Strahlenschutz eine konstruktive Auseinandersetzung mit den vorliegenden Studien: Wer an den Ergebnissen des Reviews derart grundlegend zweifelt, muss eigene Studien in Auftrag geben. Bis Ergebnisse vorliegen, dürfen in Sachen Mobilfunkausbau keine weiteren Tatsachen geschaffen werden – sprich: Das Vorsorgeprinzip erfordert ein Moratorium für den Mobilfunkausbau v. a. für 5G, denn:

  • „Festgestellt wurde in einigen Experimenten, dass trotz geringen Belastungen durch Sendeanlagen nach mehreren Monaten schädliche Auswirkungen eintraten. Feldstärken bereits 100-fach unterhalb der ICNIRP-Grenzwerte könnten schon Auswirkungen haben. Es könnte sein, dass schädliche Auswirkungen für Insekten bei Strahlungsintensitäten auftreten, die für Menschen unbedenklich sind – insbesondere in den höheren Frequenzbändern.
  • Bis sich die Wahrheit herauskristallisiert hat, sollte die Entwicklung des Ausbaus genauestens beobachtet werden, und sofort mit toxikologischen Versuchen begonnen werden, um etwaige schädliche Auswirkungen schnell zu erkennen und zu quantifizieren, damit realistische schützende Richtlinien erlassen werden können. Vor dem Hintergrund des rapiden Rückgangs der Insekten und des weiteren Ausbaus hochfrequenter elektromagnetischer Feldquellen besteht nicht nur weiterer, dringender Forschungsbedarf, insbesondere auch für die Wechselwirkungen mit anderen schädigenden Noxen wie Pestiziden. Bei der Planung des Mobilfunkausbaus müssen jetzt schon Lebensräume der Insekten vor EMF-Belastung geschützt werden. Dieser Autor beruft sich hierbei auf das sogenannte Vorsorge-Prinzip, das in Artikel 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert ist“ (Schlussfolgerungen im Review von Alain Thill).

 

9. Quellenangaben

[1] Pressemitteilung 17.09.2020: Review: Mobilfunkstrahlung belastet Insekten, https://www.diagnose-funk.org/1610

[2] Pressekonferenz / Bericht auf der Homepage: Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten, https://www.diagnose-funk.org/1607

[3] Thill A (2020). Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten. Beilage in umwelt · medizin · gesellschaft | 33 | 3/2020, Seite 1, Zusammenfassung, PDF-Datei download-Link: https://www.diagnose-funk.org/download.php?field=filename&id=472&class=DownloadItem

[4] Stuttgarter Zeitung: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.wirkung-von-strahlung-verlieren-insekten-durch-mobilfunk-die-orientierung.dee7709a-eb76-43b6-bb17-c5e007f8d4ac.html

Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/wissen/das-handy-als-insektenfalle-forscher-und-naturschuetzer-uneins-ueber-einfluss-von-handystrahlung-auf-insekten/26209156.html

Berliner Kurier: https://www.berliner-kurier.de/panorama/handystrahlung-koennte-ein-grund-fuer-insektensterben-sein-li.105781

Mitteldeutscher Rundfunk: https://www.mdr.de/nachrichten/panorama/nabu-handystrahlung-insektensterben-studie-100.html

Südwestrundfunk: https://www.swr.de/wissen/rettet-die-insekten/insektensterben-handystrahlung-100.html

Badische Zeitung: https://www.badische-zeitung.de/panorama/insektentod-verdacht-faellt-auf-handystrahlung--193903008.html

Schwäbisches Tagblatt: https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Toeten-Handystrahlen-Insekten-472064.html

Schwäbische Zeitung: https://www.schwaebische.de/sueden/baden-wuerttemberg_artikel,-neue-studie-im-suedwesten-sind-handystrahlen-schuld-am-insektensterben-_arid,11270775.html

Deutschlandfunk Nova: http://my.tvey.es/Tc7z9

Österreichischer Rundfunk https://science.orf.at/stories/3201814/

Kurier: https://kurier.at/wissen/wissenschaft/insektensterben-bienen-wespen-und-fliegen-leiden-unter-mobilfunkstrahlung/401035049

Nachrichten für Südtirol: https://www.stol.it/artikel/chronik/handystrahlung-koennte-grund-fuer-insektensterben-sein

[5] https://www.bfs.de/DE/bfs/wissenschaft-forschung/stellungnahmen/emf/insektensterben-5g.html

[6] "Eine systematische Übersichtsarbeit, auch englisch systematic review oder schlicht Review, ist eine wissenschaftliche Arbeit in Form einer Literaturübersicht, die zu einem bestimmten Thema durch geeignete Methoden versucht, alles verfügbare Wissen zu sammeln, zusammenzufassen und kritisch zu bewerten. Grundlage jeder Übersichtsarbeit ist die bereits publizierte Fachliteratur ... Reviews können insbesondere bei quantitativen Angaben durch eine Meta-Analyse ergänzt werden ... Systematische Übersichtsarbeiten weisen die höchste Beweiskraft aller wissenschaftlichen Arbeiten auf, da die Verfasser zu den ursprünglichen Artikeln keinen persönlichen Bezug haben (Interessenkonflikt)." (Wikipedia)

[7] Stellungnahme des Bundesamtes für Strahlenschutz:https://www.bfs.de/DE/bfs/wissenschaft-forschung/stellungnahmen/emf/insektensterben-5g.html

Stellungnahme der österreichischen Mobilfunkindustrie: https://www.fmk.at/presse/presseaussendungen/2020/5g-insektenstudie-nicht-nach-den-ublichen-sorgfaltskriterien-sagt-der-autor-selbst/

Stellungnahme der deutschen Mobilfunkindustrie: https://www.informationszentrum-mobilfunk.de/artikel/insekten-und-mobilfunk

[8] Thill A (2020), Seite 1

[9] diagnose:funk Brennpunkt: Der Kausalitäts-Betrug, https://www.diagnose-funk.org/1539

[10] Thill A (2020), Seite 12

[11] ebda.

[12] Manta AK u. a. (Apr. 2017). „Mobile-phone radiation-induced perturbation of gene-expression profiling, redox equilibrium and sporadic-apoptosis control in the ovary of Drosophila melanogaster“. In: Fly 11.2, S. 75-95.

Margaritis LH u. a. (2014). „Drosophila oogenesis as a biomarker responding to EMF sources“. In: Electromagnetic biology and medicine 33.3, S. 165-189.

[13] Geronikolou S u. a. (2014). „Diverse radiofrequency sensitivity and radiofrequency effects of mobile or cordless phone near fields exposure in Drosophila melanogaster“. In: PloS one 9.11, e112139.

[14] https://de.wikipedia.org/wiki/Helicobacter_pylori#Geschichte

[15] Thill A (2020), Seite 13

Vilić M u. a. (2017). „Effects of short-term exposure to mobile phone radiofrequency (900 MHz) on the oxidative response and genotoxicity in honey bee larvae“. In: Journal of apicultural research 56.4, S. 430-438.

[16] Malkemper EP. u. a. (2018). The impacts of artificial Electromagnetic Radiation on wildlife (flora and fauna). Current knowledge overview: a background document to the web conference. A report of the EKLIPSE project: "Then, an analytical grid was produced with the publications identified per taxonomic group and radiation type. Different comment sections were added to assess the quality of the studies (technological aspects and biological aspects), the conditions of the studies, the results, the knowledge gaps, etc.

The following rating system was used:
1. bad quality
2. minimum quality, with some elements that can be used
3. normal quality, some gaps
4. excellent."
http://www.eklipse-mechanism.eu/documents/15803/0/
EMR-KnowledgeOverviewReport_FINAL_27042018.pdf

[17] Thill A (2020), Seite 9

[18] Adam J.Vanbergen, Simon G.Potts, Alain Vian, E. Pascal Malkemper, Jiliette Young, Thomas Tscheulin (2019): Risk to pollinators from anthropogenic electro-magnetic radiation (EMR): Evidence and knowledge gaps, Science of The Total Environment, Volume 695, 10 December 2019, 133833
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969719337805

[19] Panagopoulos DJ (2019): Comparing DNA damage induced by mobile telephony and other types of man-made electromagnetic fields, siehe https://www.emfdata.org/de/studien/detail&id=529

Panagopoulos DJ (2019): Chromosome damage in human cells induced by UMTS mobile telephony radiation, siehe „Schlussfolgerungen“ in https://www.emfdata.org/de/studien/detail&id=551

Vornoli A et al. (2019): The Contribution of In Vivo Mammalian Studies to the Knowledge of Adverse Effects of Radiofrequency Radiation on Human Health, siehe „Schlussfolgerungen“ in https://www.emfdata.org/de/studien/detail&id=548

Dimitris J. Panagopoulos, Marie-Claire Cammaerts, Daniel Favre, and Alfonso Balmori: Comments on environmental impact of radiofrequency fields from mobile phone base stations. CRITICAL REVIEWS IN ENVIRONMENTAL SCIENCE AND TECHNOLOGY 2016, VOL. 46, NO. 9, 885–903; http://dx.doi.org/10.1080/10643389.2016.1182107
https://www.researchgate.net/publication/301680565_Comments_on_Environmental_Impact_of_Radiofrequency_Fields_from_Mobile_Phone_Base_Stations

[20] http://www.eklipse-mechanism.eu/documents/15803/0/
EMR-KnowledgeOverviewReport_FINAL_27042018.pdf

[21] Vanbergen et al. (2019):  https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969719337805

[22] siehe Vanbergen et al. (2019): https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969719337805#p0040, blaue Felder in Abb. 2 unter c) mobile

[23] Shepherd S u. a. (2018):„Extremely low frequency electromagnetic fields impair the cognitive and motor abilities of honey bees“. In: Scientific reports 8.1, S. 7932.
Shepherd S u. a. (2019): „Increased aggression and reduced aversive learning in honey bees exposed to extremely low frequency electromagnetic fields“. In: PloS one 14.10.

[24] Migdał P, Murawska A, Strachecka A, Bieńkowski P, Roman A (2020): Changes in the Honeybee Antioxidant System after 12 h of Exposure to Electromagnetic Field Frequency of 50 Hz and Variable Intensity, Insects 2020; 11 (10): E713 : "Die Enzymaktivität der Superoxid-Dismutase war in allen Expositions-Gruppen (Gruppen 1-4) im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant erhöht. Die Enzymaktivität der Katalase war in Gruppe 1 signifikant verringert und in den Gruppen 2-4 im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant erhöht. Die gesamte antioxidative Kapazität war in Gruppe 2 signifikant reduziert und in Gruppe 4 im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant erhöht. Die Autoren schlussfolgern, dass die bei einem 50 Hz elektrischen Feld das antioxidative System der Honigbiene beeinflussen könnte." (Summary EMF-Portal)

[25]Aside from ALAN, the IPBES report (IPBES, 2016; Potts et al., 2016) did not consider other sources and wavelengths of anthropogenic EMR“ (Vanbergen, 2019, S.2)

[26] „... there was insufficient data for an evidence assessment“ (Vanbergen, 2019, S.2).

„... likely due to the continuing lack of scientific publications, anthropogenic EMR as a driver of biodiversity change remained unassessed by the IPBES during its most recent regional (2018) and global (2019) assessments“ (Vanbergen, 2019, S.2).

[27] „... pointed to the potential, but unstudied, risk to wildlife of non-ionizing radiation from 5G mobile phones and wireless transmission infrastructure“ (Vanbergen, 2019, S.2).

[28] AREMR = anthropogenic radiofrequency electromagnetic radiation, dt: = vom Menschen erzeugte elektromagnetische Funkstrahlung

[29] „Therefore, there is the possibility that AREMR could disrupt these physiological functions, ultimately affecting bee health and survival.“ (Vanbergen, 2019, S.3).

[30] ALAN = artificial light at night, dt.: künstliche nächtliche Beleuchtung

[31] „The extent that anthropogenic EMR (ALAN or AREMR) represents a significant threat to insect pollinators and the benefits they provide to nature and humankind therefore remains to be clearly established.“ (Vanbergen, 2019, S.6).

[32] Homepage des Bundesamtes für Strahlenschutz: https://www.bfs.de/DE/bfs/wissenschaft-forschung/stellungnahmen/emf/emf-tiere-pflanzen/emf-tiere-und-pflanzen.html

[33] Luc Verschaeve (2014): Environmental Impact of Radiofrequency Fields from Mobile Phone Base Stations DOI: 10.1080/10643389.2013.781935, Critical Reviews in Environmental Science and Technology 44(12);

Verschaeve war ICNIRP Mitglied: "Chair of ICNIRP’s SCII, Biology, is Larry Anderson of Battelle Pacific Northwest Laboratory, USA ... Other SCII members are Bernard Veyret, ENS de Chimie et de Physique, Bordeaux, France; Jukka Juutilainen, University of Kuopio, Finland; Rick Saunders, NRPB, UK; René de Seze, INERIS, France; Tom Tenforde, NCRP, USA; Luc Verschaeve, Vlaamse Instelling voor Technologisch Onderzoek, Belgium, and Zhengping Xu, Zhejiang University School of Medicine, Hangzhou, China." Stand 2004, https://www.bems.org/node/553

[34] Dimitris J. Panagopoulos, Marie-Claire Cammaerts, Daniel Favre, and Alfonso Balmori: Comments on environmental impact of radiofrequency fields from mobile phone base stations. CRITICAL REVIEWS IN ENVIRONMENTAL SCIENCE AND TECHNOLOGY, 2016, VOL. 46, NO. 9, 885–903; http://dx.doi.org/10.1080/10643389.2016.1182107
https://www.researchgate.net/publication/301680565_Comments_on_Environmental_Impact_of_Radiofrequency_Fields_from_Mobile_Phone_Base_Stations

[35] Tageszeitung Dolomiten, Online-Portal: https://www.stol.it/artikel/chronik/handystrahlung-koennte-grund-fuer-insektensterben-sein

[36] Homepage des SWR: https://www.swr.de/wissen/rettet-die-insekten/insektensterben-handystrahlung-100.html

[37] Homepage ORF: https://science.orf.at/stories/3201814/

[38] Homepage SWR: https://www.swr.de/wissen/rettet-die-insekten/insektensterben-handystrahlung-100.html

[39] Homepage Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/wissen/das-handy-als-insektenfalle-forscher-und-naturschuetzer-uneins-ueber-einfluss-von-handystrahlung-auf-insekten/26209156.html

[40] Vanbergen (2019): https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969719337805#s0015

[41] siehe Thill A (2020), Seite 15: „36 der 64 Hochfrequenz-Experimente in diesem Review verwendeten eine Feldstärke geringer als 6 V/m (100 mW/m2) und 30 Experimente (83 %) fanden hierbei dennoch deutliche Hinweise auf oder statistisch signifikante schädliche Auswirkungen, etwa ab 3 V/m.“

[42] https://www.diagnose-funk.org/ratgeber/elektrosmog-im-alltag/grenz-und-richtwerte-hochfrequenter-strahlung

[43] Anfang der 1980er Jahre gab es bereits flächendeckende kommerzielle funkbasierte Telefonnetze, die sogenannten C-Netze, die im Mikrowellenbereich (bei 460 MHz) arbeiteten. In Deutschland ging dies 1985 in Betrieb. Davor gab es in Deutschland seit 1972 das sogenannte B-Netz und bereits seit 1958 das A-Netz, welche beide im Bereich der Ultrakurzwelle (30 bis 300 MHz) arbeiteten (https://de.wikipedia.org/wiki/B-Netz, https://de.wikipedia.org/wiki/A-Netz).

Die zunehmend flächendeckende Anwendung von Mikrowellenfrequenzen (0,3 bis 300 GHz) durch kommerzielle Anwendungen startete in den 1960er Jahren. Die UdSSR installierte bereits 1965 ein geostationäres Satelliten-Funksystem zur Fernseh- und Telefonieübertragung (um 3,8 und 0,9 GHz). 1977 wurde auf der Weltfunkkonferenz in Genf ein weltweiter Rundfunk-Satellitenplan beschlossen, der zu entsprechenden Anwendungen führte. Ende der 1970er Jahre wurde das Satellite Media Services Netz (SMS-Band bei 12,5 und 14 GHz) in Betrieb genommen, um Fernseh- und Hörfunkprogramme direkt von Satelliten zum Teilnehmer zu übertragen. Seitdem ist hier ständig dazu gebaut worden, geostationär als auch terrestrisch. Daneben gibt es eine breite militärische Anwendung der Mikrowellenfrequenzen für Überwachung, Steuerung und Kommunikation, die weltweit seit den 1950er Jahren aufgebaut wurde.

Der ständig steigende Leistungspegel der Bestrahlung mit künstlichen hochfrequenten elektromagnetischen Feldern ist in einer Veröffentlichung von Bandara/Carpenter 2018 graphisch aufbereitet. Hier wird deutlich, wie weit wir uns bereits im Verlauf der letzten Jahrzehnte vom natürlichen, evolutionär vorhandenen Hintergrundrauschen entfernt haben und dass diese Entwicklung nicht erst in den 1990er Jahren eingeleitet wurde (siehe dazu Bandara/Carpenter 2018; Planetary electromagnetic pollution: it is time to assess its impact; THE LANCET, Planetary Health, 1.12.2018, https://doi.org/10.1016/S2542-5196(18)30221-3).

[44] Behauptungen & Scheinargumente Teil I: „Mobilfunkstrahlung hat zu wenig Energie, um Zellen zu schädigen. Oxidativer Stress ist unplausibel.“, https://www.diagnose-funk.org/1441

Behauptungen und Scheinargumente Teil VIII: Prof. Lerchls Vortrag und FMK-Interview auf dem Prüfstand: „5G: Medizinische Aspekte“, https://www.diagnose-funk.org/1502

Publikation zum Thema

Format: DIN A4Seitenanzahl: 12 Veröffentlicht am: 27.11.2020 Bestellnr.: 242Sprache: DeutschHerausgeber: diagnose:funk

Heftige Debatte um die Insektenstudie

Klarstellung zum Review "Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten"
Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
Dieser Brennpunkt nimmt Stellung zu den vielen Reaktionen zu dem Review „Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten“ (2020) von Alain Thill vor. Darin wird die weltweite Studienlage zur Wirkung elektromagnetischer Felder (EMF) auf Insekten dargestellt. Der Review kommt zu dem Ergebnis, „dass elektromagnetische Felder einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Vitalität von Insektenpopulationen haben könnten“. Der Review wurde von der Luxemburger Umweltorganisation AKUT herausgegeben und in der Zeitschrift umwelt-medizin-gesellschaft veröffentlicht. Über die Studie wurde nicht nur deutschlandweit, sondern auch darüber hinaus berichtet. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sowie die österreichischen und deutschen Mobilfunkbetreiber kritisierten in Stellungnahmen den Review als unwissenschaftlich, seine Schlussfolgerungen seien nicht durch die Studienlage gedeckt. Dass von politisch hoher Stelle, also dem Bundesamt für Strahlenschutz, Stellung bezogen wird, bestätigt die Bedeutung dieses Reviews. Auch einige Journalisten kritisierten den Review. Doch sind die Kritiken berechtigt? Auf all diese Reaktionen gehen wir ausführlich in diesem Brennpunkt ein.
umwelt-medizin-gesellschaft 3/2020Format: A4Seitenanzahl: 28 Veröffentlicht am: 14.09.2020 Sprache: DeutschHerausgeber: AKUT Luxemburg

Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten

Beilage in umwelt-medizin-gesellschaft 3-2020
Autor:
Alain Thill
Inhalt:
Weltweit nehmen die Insekten mit alarmierender Geschwindigkeit ab. Es ist bekannt, dass hierbei, neben anderen Ursachen insbesondere die Verwendung von Pestiziden und die moderne landwirtschaftliche Praxis eine große Rolle spielen. Dieses systematische Review wertet die Studienlage zu den toxischen Wirkungen elektromagnetischer Felder (EMF) auf Insekten aus. 72 der 83 analysierten Studien fanden einen Effekt. Als negative Wirkungen wurden in Studien beschrieben: Einschränkungen des Orientierungssinns, reduzierte Fortpflanzungsfähigkeit und Fruchtbarkeit, Lethargie, Veränderungen der Flugdynamik, Misserfolg in der Nahrungssuche, reduzierte Reaktionsgeschwindigkeiten, Fluchtverhalten, Störung der circadianen Rhythmik, Blockierung der Atmungskette und Schädigung der Mitochondrien, Fehlaktivierungen im Immunsystem, erhöhte Anzahl von DNA-Strangbrüchen. Im Ergebnis zeigt sich, dass EMF einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Vitalität von Insektenpopulationen haben könnten. Festgestellt wurde in einigen Experimenten, dass trotz geringen Belastungen durch Sendeanlagen nach mehreren Monaten schädliche Auswirkungen eintraten. Feldstärken bereits 100-fach unterhalb der ICNIRP-Grenzwerte könnten schon Auswirkungen haben. Bei der Planung des Mobilfunkausbaus müssen jetzt schon Lebensräume der Insekten vor EMF-Belastung geschützt werden.
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