„Digitale Bildung“ in der SmartCity

Konditionierung für die Post-Voting Society
Vortrag von Peter Hensinger beim 39. Umsonst & Draußen an der Uni Stuttgart.

Mobilfunkgipfel im Juli 2018 in Berlin, es naht Erlösung von quälend lahmer Internetanbindung, endlich Breitband und schnelles Internet für alle. Deutschlandweit sollen mit Hochdruck die Infra­strukturen für SmartCitys mit Glasfaser und 5 G-Sendern aufgebaut werden, vernetzte Städte, in denen der Daten­fluss die Grundlage der Organisationsstruktur und politischen Steuerung ist: „Die hochent­wickelte Smart City kann ein Internet of Things and Services sein: Die gesamte städtische Umgebung ist dabei mit Sensoren versehen, die sämtliche erfassten Daten in der Cloud verfügbar machen. So entsteht eine permanente Interaktion zwischen Stadtbewohnern und der sie umgebenden Technologie. Die Stadtbewohner werden so Teil der technischen Infrastruktur einer Stadt,“ so definiert Wikipedia die SmartCity. Daten für dieses BigData-System liefern auch die Einwohner über das Internet der Dinge (IoT), die vernetzten Geräte im SmartHome: Smart Meter, Smart Grid, Alexa, dem intelligenten Kühlschrank, dem vernetzten Fernseher und Saugroboter, über ihre Smart­phones, TabletPCs, smarte Armbanduhren, Google, Facebook, Twitter, Instagram oder WhatsApp. Algorithmen verarbeiten in Echtzeit die Daten, erstellen von jedem Bürger einen digitalen Zwilling als Grundlage für die Steuerung des Zusammenlebens. Das hat Folgen für die Demokratie, das Bildungswesen, die Umwelt und die Entwicklung des Individuums! Die SmartCity-Planungen von Industrie und Bundes­regie­rung  bekamen 2018 von Digitalcourage e.V. den BigBrother Award. Grund genug, diese Seite der Medaille zu beleuchten.

Reales SmartCity Szenario 1: Digitale Profile für den Konsum. Dieses Szenario beschreibt die Stuttgarter Zeitung unter der Überschrift „Sie kennen unsere geheimsten Wünsche“:  „Als Lisa nach einem langen Arbeitstag ein Modegeschäft betritt, erscheint auf dem Display neben dem Eingang das Kleid, das sie sich am Wochenende im Internet angeschaut hat. Das Model sieht ihr überraschend ähnlich – und das Kleid steht ihr hervorragend. Nach Arbeitstagen wie diesen wird sie schwach, das weiß das System … Gleichzeitig nähert sich ihr eine Verkäuferin, Kleid und Handtasche bereits über dem Arm und fragt freundlich: „Guten Abend, Frau Schulze, schön, dass Sie da sind. Wollen Sie das Kleid anprobieren?“ (30.06.2018). Lisas digitaler Zwilling, kreiert durch ihr Smartphone, WLAN und Google,  organisiert ihr Leben.

Reales SmartCity Szenario 2: Digitale Profile für das Wohlverhalten. Dieses Szenario beschreibt die Neue Züricher Zeitung unter dem Titel „Willkommen in der smarten Stadt – wo die Diktatur der Daten herrscht„: „Im südkoreanischen Songdo ist eine futuristische Planstadt entstanden, die sich weitgehend selbst regulieren soll. Millionen Sensoren liefern Daten an einen Zentralrechner, der die städtischen Dienste so effizient wie möglich steuert … Für Planer sind Städte wie Songdo City ein Labor, in dem sich mit modernster IT Gesellschaftsentwürfe erproben lassen – ein digitales Utopia … Der Dataismus macht alles gleichförmig: vom Abfall über den Verkehr bis hin zur Politik. Der Bürger ist im Kontrollnetzwerk der Smart City bloß ein Datenpaket“ (LOBE 2017). In China wird das „Social Score“ – System 2020 eingeführt, das den Grad der Angepasstheit misst. Das digitale Profil des chinesischen SmartCity Bewohners, klassifiziert von Algorithmen, entscheidet über seine gesellschaftliche Teilhabe, ob er Reisen, die Bibliothek benutzen, einen Kredit beantragen, ein Bankkonto eröffnen oder den Führer­schein erwerben darf (DORLOFF 2018). Indien praktiziert dies auch (FEROZ 2018).

Geplantes SmartCity Szenario 3: Daten ersetzen Demokratie. Dieses Szenario angestrebter digitaler Herrschaftsausübung  wird in der Broschüre „SmartCity Charta“ der Bundesregierung beschrieben: „Post-voting society. Da wir genau wissen, was Leute tun und möchten, gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehrheits­findungen oder Abstimmungen. Verhaltens­bezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen“(BMUB 2017:43). Im Koalitionsvertrag der neuen Bundes­regierung wird der Weg für diese flächendeckende Totalübe­rwa­ch­ung mit hypnotischem Sprach­gebrauch freigemacht: „Wir streben an, die Freizügigkeit der Daten als fünfte Dimension der Freizügigkeit zu verankern“ (Koalitions­vertrag Zeile 2182, 07.02.2018). SmartCity in Verbindung mit dem IoT ist der Umbau der Städte von Orten der kommunalen Demokratie zu Orten der zentralisierten Überwachung und Kontrolle. An diesem Konzept der SmartCity hat die Stadt Stuttgart mitgearbeitet  (BMUB 2017:19)…..

Wie die Städte von Orten der Demokratie zu überwachten SmartCitys derzeit transformiert werden, und was das mit „Digitaler Bildung“ zu tun hat, analysiert der Vortrag. 

Vortrag als PDF: 01_U&D_Hensinger_SmartCity_180804

Handout zum Vortrag: 02_Handout_UuD_180804

PowerPoint Präsentation: 03_U&D_SmartCity_PPT_180804

Weitere ausführliche  aktuelle Analysen von Peter Hensinger :

Smart City, Smart Home, Smart School. Auf dem Weg zur Totalüberwachung in Stuttgart. Und warum es keiner merken will :

https://www.diagnose-funk.org/aktuelles/artikel-archiv/detail&newsid=1280

Trojanisches Pferd „Digitale Bildung“. Auf dem Weg zur Konditionierungsanstalt in einer Schule ohne Lehrer? Ein Vortrag zu den Bestrebungen von Google, Apple, Microsoft, Bertelsmann und der Telekom, die Bildung in die Hand zu bekommen. Und warum fast keiner diese Unterwanderung bemerkt.

https://www.diagnose-funk.org/aktuelles/artikel-archiv/detail?newsid=1210

 Das Smartphone – mein Personal BigBrother? Kann man sich schützen? Und wenn ja, wie?

https://www.diagnose-funk.org/aktuelles/artikel-archiv/detail?newsid=1162

 Laudatio zum BigBrother Award 2018 für SmartCity: SmartCity_BigBrother_2018

Artikel veröffentlicht:
05.08.2018
Autor:
Peter Hensinger
Quelle:
http://mobilfunkstuttgart.de/

Schlagwörter dieses Artikels

Ja, ich möchte etwas spenden!