Im Bild v.l.n.r: Jörn Gutbier (diagnose:funk), Walther Andreaus (Direktor VZ Südtirol), Peter Hensinger (diagnose:funk)
Die ganze Geschichte
Am 29.04.2015 fand im Landtag von Südtirol in Bozen eine Expertenanhörung zu medizinischen, biologischen, pädagogischen, technischen und juristischen Aspekten der Mobilfunktechnologie statt. Die Verbraucherzentrale und das Netzwerk der „Bürgerwelle“ (Südtirol) konnten dazu auch Experten benennen. Diese waren zu medizinischen und biologischen Fragen Prof. Dr. Michael Kundi (Med.Uni. Wien) und Prof. Dr. Fiorenzo Marinelli (CNR Bologna), zu pädagogischen Aspekten Magister Peter Hensinger (diagnose:funk, Deutschland), zu technischen Aspekten Dr. Ing. Martin-H. Virnich (Deutschland). Diese Experten berichteten über Risiken, die beim Einsatz digitaler Medien berücksichtigt werden müssen (3).
Auf Grund dieser Vorträge wurde im Juni 2015 vom Südtiroler Landtag ein Beschlußantrag (Nr. 378 / 15) diskutiert und mehrheitlich angenommen, wonach in Südtirol das Vorsorgeprinzip angewandt wird (4). Die Landesregierung wird darin u.a. verpflichtet, in öffentlichen Einrichtungen nach Alternativen zur WLAN-Versorgung zu suchen und eine Arbeitsgruppe zur Beurteilung der Risiken der Strahlungsbelastung einzusetzen. Auch sollten die Auswirkungen der digitalen Medien auf SchülerInnen und ein sinnvoller Umgang für das Lernen damit überprüft werden.
Diese Arbeitsgruppe der Landesregierung wurde dann ohne jegliche Information der Öffentlichkeit eingesetzt und legte am 23.11.2016 ihr Gutachten vor, welches weder von der Öffentlichkeit noch von den Landtagsabgeordneten ohne großen Aufwand gesichtet werden konnte. Die Verbraucherzentrale hatte an die zuständige Landesrätin Dr. Deeg angeschrieben und sie gebeten, das Gutachten auszuhändigen und die Vorgehensweise zu schildern, wie die Arbeitsgruppe zusammengestellt wurde, sei es hinsichtlich der Legitimation, sei es in Bezug auf die Qualifikation. Dieses Schreiben blieb bis heute unbeantwortet.
Das Gutachten der Verbraucherzentrale stellt fest, dass die Meinungen der Experten der Verbraucherschützer "sich im Gutachten nicht mehr wiederfinden, auch keine Auseinandersetzung mit ihren Standpunkten. Das Gutachten der Landesregierung gibt den Weg frei für die Einführung digitaler mobiler Medien und WLAN an Schulen, in dem es einseitig Vorteile herausstellt, Nutzen und Risiken nicht gegeneinander abwägt und alle psychosozialen und strahlungsverursachten Risiken als vernachlässigbar darstellt. Es ist unwissenschaftlich, verzerrt die Studienlage, in einigen Bereichen wird sie sogar verfälscht dargestellt. Es enthält kein Konzept für eine Erziehung zur Medienmündigkeit. Den Abgeordneten werden pädagogische und medizinische Studienergebnisse vorenthalten. Die Abgeordneten werden desinformiert, die Schülerinnen und Schüler in der Konsequenz schutzlos den Risiken ausgeliefert.
Gesamtfazit: Das Gutachten muss zurückgezogen werden und eine unabhängige Expertengruppe, die über die notwendige Qualifikation verfügt und nicht vom Auftraggeber abhängig ist, sollte neu eingesetzt werden. Die Verbraucherzentrale Südtirol und das Netzwerk der Bürgerwelle sollten für diese neue Expertenkommission ein Vorschlagsrecht erhalten."