Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Bundesregierung verweigert sich dem Strahlenschutz
Mobilfunk 21. Mai 2010
In einer kleinen Anfrage im Zusammenhang mit der Versteigerung neuer Mobilfunkfrequenzen wollten wir wissen, welche Strahlungsminimierungskonzepte oder wenigstens Konzepte für eine Begrenzung der Zunahme der nicht-ionisierenden Strahlung bei der Ausschreibung eine Rolle spielten. Die Antwort ist erschreckend inhaltsleer.
Dabei geht die Bundesregierung, unabhängig von der zukünftig eingesetzten Technik, von einer Erhöhung der Strahlenbelastung aus. Selbst die einfachste Strahlungsminimierung, wie die gemeinsame Netznutzung unterliegt weiterhin der Einschränkung, "wettbewerbli ch unbedenklich" zu sein. Damit ist sichergestellt, dass es wie bisher keine gemeinsame Netznutzung geben wird.
Bundesregierung ignoriert eigene Empfehlungen
Die Bundesregierung handelt somit gegen ihre eigene, immer noch gültige Empfehlung, die Strahlenbelastung so weit wie möglich zu minimieren. Zitat: "Die Bundesregierung empfiehlt allgemein, die persönliche Strahlenexposition durch hochfrequente elektromagnetische Felder so gering wie möglich zu halten, also herkömmliche Kabelverbindungen zu bevorzugen, wenn auf den Einsatz von funkgestützten Lösungen verzichtet werden kann.".
Bundesregierung ignoriert eigene Erkenntnisse
In den vergangenen Jahren haben die Bundesregierungen viele Millionen Euro in die Erforschung von Möglichkeiten der Strahlungsminimierung gesteckt. Allein 11 Millionen Euro wurden im Zeitraum 2002 bis 2010 aus dem Etat des Forschungsministeriums dafür verwendet (Dritter Bericht der Bundesregierung über die Forschungsergebnisse in Bezug auf die Emissionsminderungsmöglichkeiten der gesamten Mobilfunktechnologie und in Bezug auf gesundheitliche Auswirkungen). Dieses geschah auch, weil man aus den Fehlern der ersten Versteigerung lernen wollte. Doch die schwarz-gelbe Bundesregierung setzt nicht auf die in ihren Ministerien gewonnen Erkenntnisse.
Bundesregierung ignoriert Strahlenschutz
Komplettes Unverständnis der Bundesregierung spiegelt sich auch beim Umgang mit der neuen Funktechnik LTE (Long Term Evolution) wieder. So forderte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in einer Mitteilung, dass die wesentliche Eigenschaften dieser neuen Techniken so rechtzeitig bekannt gegeben werden, dass die Wissenschaft und der Strahlenschutz Gelegenheit haben, vor der Einführung ihre Gesundheitsverträglichkeit zu bewerten. Wie die Antwort verdeutlicht, sehr zu recht. So liegen der Bundesregierung "keine konkreten Studien zu LTE vor". Weiterhin wird deutlich, dass neben der Stellungnahme des BfS, die mit der Forderung nach rechtzeitiger Beteiligung von Wissenschaft und Strahlenschutz verbunden war, keinerlei Stellungnahmen des Strahlenschutzes vorliegen.
Einnahmen für Forschung und Emissionsminderung nutzen!
Um das Versagen komplett zu machen, verzichtet die Bundesregierung gleich darauf in der Versteigerung eingenommene Gelder für Forschung, Strahlenminimierungsmaßnahmen oder den Ausbau des kabelgebundenen Netzausbaus zu verwenden. Von den knapp 4,4 Milliarden Euro, die eingenommen wurden, ist scheinbar kein Geld für Forschung in den Bereichen, Auswirkungen der nichtionisierenden Strahlung auf Kinder und Jugendliche und Langzeitwirkungen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, einen angemessenen Teil der Einnahmen für diese Forschung und für Emissionsminimierungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen.
Quelle: http://www.gruene-bundestag.de/ cms/umwelt/dok/341 /341281.bundesregierung_verweigert_si ch_dem_stra.html
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Deutscher Bundestag, Parlamentskorrespondenz
Erhöhung von Strahlenbelastung durch neue Mobilfunkfrequenzen wahrscheinlich
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit/Antwort - 27.05.2010
Herausgeber: Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Berlin: (hib/ROS/ELA) Die Strahlenbelastung für die Bevölkerung wird nach Angaben der Bunderegierung zukünftig zunehmen.
Grund dafür seien die momentanen Lizenzversteigerungen für neue Frequenzbereiche, durch die es zu einem "weiteren Ausbau der Mobilfunknetze" kommen werde. Dies geht aus einer Antwort (17/1709) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (17/1487) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Trotz des Anstiegs werde die Gesamtimmission nach dem Ausbau voraussichtlich nur ein Minimum des gesetzlichen Grenzwertes betragen. Eine genaue Einschätzung über die Erhöhung der Immissionen könne die Bundesregierung zur Zeit nicht abgeben, da nur wenige Informationen über zukünftig eingesetzte Technologien der Betreiber beziehungsweise der neuen Funkanlagen vorhanden seien.
Studien zum neuen Übertragungsstandard "Long Term Evolution" (LTE) liegen laut Bundesregierung nicht vor. Jedoch könne davon ausgegangen werden, dass dieser neue Übertragungsstandard, der "ein bis zu 100-mal schnelleres Downloadtempo als DSL-Anschlüsse" ermögliche, dem bisherigen UMTS-Standard in "wesentlichen Parametern" ähnlich sei. Die Bundesregierung
verweist außerdem auf eine Stellungnahme des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), wonach der neue Übertragungsstandard LTE "an die bisher im Mobilfunk genutzten und im Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramm erforschten Frequenzbänder" grenze und daher keine "wesentlichen Unterschiede zu den bisher genutzten Mobilfunkfrequenzen zu erwarten" seien. Allerdings gebe es laut BfS "noch Forschungsbedarf für mögliche Auswirkungen auf Kinder", schreibt die Bundesregierung.
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Sebastian Hille, Michaela Hoffmann, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Johanna Metz, Monika Pilath, Annette Sach, Helmut Stoltenberg, Alexander Weinlein