Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten

AKUT Luxemburg publiziert Studie
Die Luxemburger Umweltorganisation AKUT publiziert im September 2020 die brisante Studie „Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten“, verfasst von dem Biologen Alain Thill, der bereits an der Universität Freiburg zu diesem Thema forschte. Das Ergebnis ist alarmierend: 72 der 83 analysierten Studien fanden schädigende Auswirkungen. Im Ergebnis zeigt sich, dass elektromagnetische Felder (EMF) des Mobilfunks einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Vitalität von Insektenpopulationen haben. Die Studie ist auch in Englisch erschienen.
Titelblatt umg (Ausschnitt)Quelle: forum-medizin.de

Für Insektenforscher gilt das Insektensterben als eine „ökologische Katastrophe von erdgeschichtlichem Ausmaß und einem noch deutlich größeren Gefahrenpotential als die Klimaerwärmung“ (Segerer, These 3). Insekten sind ein Kettenglied der Biodiversität. Sie sind Bestäuber, Nahrungsquelle, Recycler und Regulierer, Landschaftsgärtner und Dienstleister für den Menschen. Ihr produktiver Wert wird weltweit auf 153 Milliarden Euro, in der EU auf 15 Milliarden Euro jährlich geschätzt (Segerer, S. 75). Ihr Aussterben führt zu einem Kaskadeneffekt. Sind sie ausgestorben, werden alle anderen Arten, auch der Mensch, folgen. Bisher bekannte Ursachen sind v. a. Pestizide, Landschaftsversiegelung, der Klimawandel und die Umweltverschmutzung. Es ist ein Zusammenwirken verschiedener Gifte und des Raubbaus an der Natur. Noch immer sind viele Fragen, v. a. zur Beschleunigung des Rückgangs von Insekten, ungeklärt. Wir stehen bereits vor einem Kipppunkt, an dem viele Verluste schon irreversibel sind. Diese Studie ist ein weiterer, vielleicht entscheidender Mosaikstein, um die Beschleunigung des Insektensterbens in den letzten 15 Jahren zu erklären.

Das umfangreiche Schädigungspotential ist nachgewiesen

Die Schädigungen der Insekten, die in den Studien gefunden wurden, zeigen sich u. a. wie folgt: Einschränkungen des Orientierungssinns, reduzierte Fortpflanzungsfähigkeit und Fruchtbarkeit, Lethargie, Veränderungen der Flugdynamik, im Erfolg der Nahrungssuche, bei Reaktionsgeschwindigkeiten, im Fluchtverhalten, Störung der circadianen Rhythmik, Blockierung der Atmungskette und Schädigung der Mitochondrien, Fehlaktivierungen im Immunsystem, erhöhte Anzahl von DNA-Strangbrüchen. Einige Wirkmechanismen, die zu diesen Schädigungen führen, werden identifiziert. EMF beeinträchtigen den Stoffwechsel, u. a. wirken sie auf spannungsgesteuerte Calciumkanäle, z. B. in der neuronalen Erregungsübertragung und im Muskelgewebe, was zu einer Überaktivierung der Signaltransduktion und Atmungskette mit Produktion von freien Sauerstoffradikalen und in der Folge zu oxidativem Zellstress führen kann. Welchen Anteil die elektromagnetischen Felder am Insektensterben haben, dazu stehen Untersuchungen aus. In der Zusammenfassung der Studie heißt es deshalb:

  • „Vor dem Hintergrund des rapiden Rückgangs der Insekten und des weiteren Ausbaus hochfrequenter elektromagnetischer Feldquellen besteht nicht nur weiterer, dringender Forschungsbedarf, insbesondere auch für die Wechselwirkungen mit anderen schädigenden Noxen wie Pestiziden.“
Peter Hensinger präsentiert stolz die Insektenstudie.Bild: diagnose:funk

Helfen Sie mit, diese Studie zu verbreiten

Auch der dramatische Rückgang der Vogelarten hängt mit dem Insektensterben zusammen. Insekten sind eine Hauptnahrungsquelle der Vögel. Heute stirbt oft schon die Brut, weil die Vögel nicht mehr genug Nahrung für sie finden. Jörn Gutbier, der Vorsitzende von diagnose:funk, fordert:

  • „Wissenschaft und Politik müssen jetzt, ohne Rücksicht auf die bisherigen Verabredungen zwischen Politik und Wirtschaft zur Aufrüstung und zum lückenlosen Ausbau der Mobilfunkabdeckung, aus den Ergebnissen dieser Studie Konsequenzen ziehen. Anstelle der zunehmenden elektromagnetischen Überfrachtung unserer Umwelt muss die bereits vorhandene Strahlenbelastung flächendeckend gesenkt werden. Der Autor Alain Thill stellt fest, dass in einigen Experimenten trotz geringen Belastungen durch Sendeanlagen nach mehreren Monaten schädliche Auswirkungen eintraten. Feldstärken bereits zig-fach unterhalb der ICNIRP-Grenzwerte können Auswirkungen haben. Mit diesen Hinweisen dürfte der Mobilfunkausbau keinesfalls flächendeckend erfolgen. Lebensräume der Insekten müssen vor EMF-Belastung geschützt werden."

Das Studienergebnis ist für Fachleute nicht überraschend. Die Forschungen des Bienenforschers Ulrich Warnke seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts und seine Bienenbroschüre von 2007 zeigten dieses Risiko bereits. Thills Studie bestätigt mit aktuellen Forschungsergebnissen eindrücklich, dass es schon 5 nach 12 ist und wie unverantwortlich es war, dass Warnkes Ergebnisse heruntergespielt wurden.

Wir bitten alle unsere Mitglieder, alle umweltbewussten Bürgerinnen und Bürger, diese Studie weiterzuverbreiten. Überreichen Sie das Original an die örtlichen Umweltorganisationen, kommunale Umweltbehörden, an Ihre Wahlkreisabgeordneten mit der Bitte um ein Gespräch darüber. 

Studie: Thill A (2020). Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten. Beilage in umwelt · medizin · gesellschaft | 33 | 3/2020

Publikation zum Thema

umwelt-medizin-gesellschaft 3/2020Format: A4Seitenanzahl: 28 Veröffentlicht am: 14.09.2020 Sprache: DeutschHerausgeber: AKUT Luxemburg

Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten

Beilage in umwelt-medizin-gesellschaft 3-2020
Autor:
Alain Thill
Inhalt:
Weltweit nehmen die Insekten mit alarmierender Geschwindigkeit ab. Es ist bekannt, dass hierbei, neben anderen Ursachen insbesondere die Verwendung von Pestiziden und die moderne landwirtschaftliche Praxis eine große Rolle spielen. Dieses systematische Review wertet die Studienlage zu den toxischen Wirkungen elektromagnetischer Felder (EMF) auf Insekten aus. 72 der 83 analysierten Studien fanden einen Effekt. Als negative Wirkungen wurden in Studien beschrieben: Einschränkungen des Orientierungssinns, reduzierte Fortpflanzungsfähigkeit und Fruchtbarkeit, Lethargie, Veränderungen der Flugdynamik, Misserfolg in der Nahrungssuche, reduzierte Reaktionsgeschwindigkeiten, Fluchtverhalten, Störung der circadianen Rhythmik, Blockierung der Atmungskette und Schädigung der Mitochondrien, Fehlaktivierungen im Immunsystem, erhöhte Anzahl von DNA-Strangbrüchen. Im Ergebnis zeigt sich, dass EMF einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Vitalität von Insektenpopulationen haben könnten. Festgestellt wurde in einigen Experimenten, dass trotz geringen Belastungen durch Sendeanlagen nach mehreren Monaten schädliche Auswirkungen eintraten. Feldstärken bereits 100-fach unterhalb der ICNIRP-Grenzwerte könnten schon Auswirkungen haben. Bei der Planung des Mobilfunkausbaus müssen jetzt schon Lebensräume der Insekten vor EMF-Belastung geschützt werden.
umwelt-medizin-gesellschaft 3/2020Format: A4Seitenanzahl: 28 Veröffentlicht am: 07.09.2020

Biological effects of electromagnetic fields on insects

Beilage in umwelt-medizin-gesellschaft 3-2020
Autor:
Alain Thill
Inhalt:
Worldwide, the number of insects is decreasing at an alarming rate. It is known that among other causes, the use of pesticides and modern agricultural practices play a particularly important role. This systematic review evaluates the state of knowledge regarding the toxic effects of electromagnetic fields (EMF) on insects. 72 of 83 analyzed studies found an effect. Negative effects that were described in studies include: disturbance of the sense of orientation, reduced reproductive ability and fertility, lethargy, changes in flight dynamics, failure to find food, reduced reaction speeds, escape behavior, disturbance of the circadian rhythm, blocking of the respiratory chain and damage to the mitochondria, misactivation of the immune system, increased number of DNA strand breaks. The results show that EMF could have a serious impact on the vitality of insect populations. In some experiments it was found that despite low levels of exposure to transmitters, harmful effects occurred after several months. Field strengths 100 times below the ICNIRP limits could already have effects. When planning the expansion of mobile networks, insect habitats should be protected from high-intensity EMF exposure already now.
Format: DIN A4Seitenanzahl: 12 Veröffentlicht am: 27.11.2020 Bestellnr.: 242Sprache: DeutschHerausgeber: diagnose:funk

Heftige Debatte um die Insektenstudie

Klarstellung zum Review "Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten"
Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
Dieser Brennpunkt nimmt Stellung zu den vielen Reaktionen zu dem Review „Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten“ (2020) von Alain Thill vor. Darin wird die weltweite Studienlage zur Wirkung elektromagnetischer Felder (EMF) auf Insekten dargestellt. Der Review kommt zu dem Ergebnis, „dass elektromagnetische Felder einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Vitalität von Insektenpopulationen haben könnten“. Der Review wurde von der Luxemburger Umweltorganisation AKUT herausgegeben und in der Zeitschrift umwelt-medizin-gesellschaft veröffentlicht. Über die Studie wurde nicht nur deutschlandweit, sondern auch darüber hinaus berichtet. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sowie die österreichischen und deutschen Mobilfunkbetreiber kritisierten in Stellungnahmen den Review als unwissenschaftlich, seine Schlussfolgerungen seien nicht durch die Studienlage gedeckt. Dass von politisch hoher Stelle, also dem Bundesamt für Strahlenschutz, Stellung bezogen wird, bestätigt die Bedeutung dieses Reviews. Auch einige Journalisten kritisierten den Review. Doch sind die Kritiken berechtigt? Auf all diese Reaktionen gehen wir ausführlich in diesem Brennpunkt ein.
Heft 1; 1. AuflageFormat: A4Seitenanzahl: 48 Veröffentlicht am: 01.11.2007 Bestellnr.: 701Sprache: deutschHerausgeber: Kompetenzinitiative e.V.

Bienen, Vögel und Menschen

Die Zerstörung der Natur durch ‚Elektrosmog‘
Autor:
Ulrich Warnke
Inhalt:
In der hier vorgelegten Schrift zeigt Ulrich Warnke, wie Menschen und Tiere elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder seit Millionen von Jahren für ihre biologische Information und Organisation nutzen. Er kann von da aus aber auch verständlich machen, dass die wachsende Flut technisch erzeugter elektromagnetischer Felder den biophysikalischen Haushalt des Lebens störend und zerstörerisch überlagert.
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